
28 Jahre der Entschlüsselung: Ein Buchclub beendet Joyce's Meisterwerk ‚Finnegans Wake‘
2025-04-15
Autor: Emma
Der epische Lesemarathon
Ein US-amerikanischer Buchclub hat das Unmögliche geschafft! Nach unvorstellbaren 28 Jahren hat eine Gruppe von Leseliebhabern das als schwierigste Literatur des 20. Jahrhunderts geltende Werk ‚Finnegans Wake‘ von James Joyce fertig gelesen. Und das sogar unter den herausforderndsten Bedingungen!
Das sprachliche Chaos von Joyce
‚Finnegans Wake‘, das letzte große Werk des irischen Genies, wurde zwischen 1923 und 1939 geschrieben und nutzt eine neuartige Sprache, die mit erfundenen Wörtern und zahlreichen Sprachmischungen spielt. Joyce eröffnet damit eine faszinierende, aber auch verwirrende Welt der Literatur, die Leser in die Tiefe der menschlichen Psyche zieht.
Der Buchclub, der nie aufgab
Im Jahr 1995 gründete der Experimentalfilmer Gerry Fialka einen Buchclub in Venice, Kalifornien. Die Mitglieder trafen sich monatlich, um jeweils zwei Seiten des Romans zu lesen. Doch das ehrgeizige Ziel wurde schnell auf eine Seite pro Sitzung reduziert, sodass sich die Lektüre über fast drei Jahrzehnte erstreckte.
Mehr Zeit als der Autor selbst
Witzig ist, dass die Buchgruppe länger für die Lektüre benötigte, als Joyce selbst für das Schreiben des 628-seitigen Textes. Der Autor brauchte 17 Jahre für sein Meisterwerk, während die Leser eine wahre Gemeinschaftsleistung erbrachten, die weit über das gewohnte Leseerlebnis hinausging.
Gemeinsam durch das Labyrinth der Wörter
Die Mitglieder diskutierten lebhaft über die Wörter, Bedeutungen und tiefere Themen – und auch wenn niemand behauptete, alles zu verstehen, lebte der Austausch von Ideen und Deutungen auf. Fialka beschreibt es so: "Die Leser erfahren durch das Lesen einen Hauch von dem, was Joyce gemeint haben könnte."
Ein unvergessliches Finale
Der große Abschluss kam dann über ein Zoom-Meeting. Fialka führte die Gruppe in die letzte Lesung ein: ein Akt der Achtsamkeit mit einem bewussten Atemzug. Anschließend rezitierten die Teilnehmer ein Gedicht und lasen schließlich abwechselnd zwei Zeilen aus dem Roman.
Und nun?
Das Besondere an ‚Finnegans Wake‘? Der Roman endet nicht – der Schluss steckt mitten im Satz, was die Lesenden in einen Kreislauf zwingt. Und so hat der Club beschlossen, von vorn zu beginnen. Fialka, nun 70 Jahre alt, plant, das Buch erneut zu lesen. Nach dem zweiten Durchlauf könnte er fast 100 Jahre alt sein, während man bereits 3 Seiten des Romans geschafft hat.
Andere Buchclubs im Wettlauf mit der Zeit
Aber wie sieht es bei anderen Buchclubs aus? Der ‚Wake‘-Club in Dublin benötigt geschätzte 15 Jahre, während ein Club in Zürich für dreimalige Lesungen beinahe 40 Jahre benötigt hat und weiterhin in einem vierten Zyklus steckt. Diese langen Lesezeiten zeigen nur, wie herausfordernd Joyce's Werk tatsächlich ist.
Wegweisende Gemeinschaftslesung
Sam Slote, ein Joyce-Experte, fasst treffend zusammen: "Es ist unwahrscheinlich, dass jemand das Buch wirklich ganz versteht, und genau darin liegt die Stärke des gemeinschaftlichen Lesens. Es wird zu einer Teamarbeit, die Freude und Verständnis für die komplexen Anspielungen und Themen des Romans bringt."