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Angriffe im Nahen Osten - „Irgendwann wird den Leuten im Libanon die Kraft ausgehen“

2024-11-23

Autor: Nina

In den letzten Tagen kam es zu massiven Angriffen auf den Libanon. Die israelische Armee vermeldete kürzlich einen beispiellosen Angriff auf über 120 militärische Ziele innerhalb von 24 Stunden. Besonders im Süden der Hauptstadt Beirut sind die Auswirkungen verheerend, da die Gewaltspirale kein Ende findet. Christoph Ehrhardt, ein Journalist aus Beirut, schildert die verheerenden Auswirkungen dieser Gefahrenlage auf die Einwohner.

Die ständige Bedrohung hat die Menschen an den Rand der Verzweiflung gebracht. "Es ist bemerkenswert, wie resilient die Bevölkerung ist, jedoch schlägt sich die angespannte Lage stark aufs Gemüt. Die Menschen leben ihren Alltag, doch die Unruhe ist spürbar. Angesichts der kontinuierlichen Zerstörung ist klar, dass die Situation nur schlimmer werden kann", sagt Ehrhardt. Das größte Problem besteht in der Vertreibung der mehrheitlich schiitischen Bevölkerung aus dem Süden, was die ohnehin schon katastrophale wirtschaftliche Situation des Landes zusätzlich belastet.

Der Libanon hat eine gemischte Bevölkerung mit Schiiten, Sunniten und Christen, was die aktuelle Situation noch komplizierter macht. "Trotz der soliden Solidarität gegenüber den Vertriebenen gibt es ein wachsendes Misstrauen gegenüber der Hisbollah, da oft Militärziele angegriffen werden, die mit ihr in Verbindung stehen. Alte Konflikte, die in den Bürgerkrieg zurückreichen, brechen erneut auf und schaffen neue Spannungen zwischen den verschiedenen Gemeinschaften."

Die Kontrolle der Hisbollah über ihre Anhänger wird auf eine harte Probe gestellt. Früher war es relativ klar, wer wo lebte, jedoch verändert sich die Landschaft, da viele Menschen aus dem Süden des Landes fliehen. "Die unsichtbaren Grenzen, die einst für Sicherheit sorgten, verschwinden langsam. Viele sind beunruhigt darüber, dass dadurch ein unkontrollierbarer Mix an Menschen entsteht", erklärt der Journalist.

Die schiitische Bevölkerung, die am stärksten unter diesen Konflikten leidet, sieht sich einer dunklen Zukunft gegenüber. "Mit jeder weiteren Eskalation wird den Menschen irgendwann die Kraft ausgehen“, warnt Ehrhardt. „Die Hisbollah versucht weiterhin, ein soziales System aufrechtzuerhalten, um die eigene Bevölkerung zu unterstützen, doch die Realität ist hart: immer mehr schiitische Familien suchen Zuflucht im Irak oder in Syrien."

Das fragile gesellschaftliche Gefüge im Libanon steht auf der Kippe, und die anhaltende Militärbedrohung verstärkt die alten Wunden und das Misstrauen innerhalb der Gemeinschaften. Die Notlage der Zivilbevölkerung könnte zu einem katastrophalen Zustand führen, wenn die internationale Gemeinschaft nicht eingreift und Lösungen für den Libanon und dessen leidende Bürger findet.