Gesundheit

„Bei einer bakteriellen Meningitis verschlechtert sich die Prognose pro Stunde um 30 Prozent“: Revolutionärer genetischer Test könnte die Rettung sein!

2024-11-22

Autor: Lukas

Ein neu entwickelter genetischer Test, der Hirnflüssigkeit auf nahezu alle bekannten Erreger untersucht – einschließlich Viren, Bakterien, Pilze und Parasiten – könnte revolutionäre Fortschritte in der Diagnose von Gehirninfektionen bringen. So zeigt eine aktuelle Studie eines US-Forschungsteams, dass durch diesen Test die genaue Ursache von Meningitis, Enzephalitis und anderen schweren Erkrankungen des Zentralen Nervensystems relativ zuverlässig bestimmt werden kann.

Infektionen des zentralen Nervensystems stellen eine erhebliche Gefahr dar. Laut dem Fachjournal „Nature Medicine“ sind schnelle Diagnosen und Therapien entscheidend, um schwerwiegende Folgen zu vermeiden. Tragisch ist, dass bei der aktuellen Diagnosestellung in etwa 50 Prozent der Fälle, insbesondere bei Meningoenzephalitis, keine Erreger identifiziert werden können.

Der Neurologe Helge Roland Topka von der München Klinik Bogenhausen, der nicht an der Studien beteiligt war, betont die Dringlichkeit solcher Diagnosetechniken, die auch unerwartete Erreger identifizieren können. „Die Fähigkeit, solche Erreger zu finden, die möglicherweise nicht in der tiefen klinischen Betrachtung vorkommen, ist für die Behandlung unerlässlich“, so Topka.

Das neu entwickelte Verfahren, bekannt als metagenomisches Next-Generation-Sequencing (mNGS), nutzt eine innovative Technik: Es isoliert und sequenziert Erbgutmaterial aus Hirnflüssigkeit und vergleicht diese Sequenzen mit umfangreichen Datenbanken, um die Erreger zu identifizieren. In einer Studie, die Proben aus sieben Jahren analysierte, wurde in etwa 14,4 Prozent der insgesamt 4828 Proben eine Infektion nachgewiesen. Besonders bemerkenswert war, dass das neue Verfahren in 22 Prozent der Proben der Universitätsklinik in San Francisco allein die verantwortlichen Erreger feststellte, während andere Tests versagten.

Mit einer Spezifität von 99,6 Prozent erweist sich das mNGS-Verfahren als äußerst präzise, während die Sensitivität bei rund 63 Prozent liegt. Dies bedeutet, dass bei etwa zwei Dritteln der Patienten mit einer Gehirninfektion ein Erreger erkannt wurde. Im Vergleich dazu erreichen herkömmliche Tests deutlich niedrigere Werte. Trotzdem arbeitet das Team betont, dass die Sensitivität des mNGS-Tests noch nicht ausreicht, um klassische mikrobiologische Tests vollständig zu ersetzen, da es in bestimmten Fällen zu Einschränkungen kommt.

Ein zentrales Problem ist die Analysezeit von aktuell rund 3,5 Tagen, was angesichts der Dringlichkeit in Notfallsituationen eine Herausforderung darstellt. „Bei einer bakteriellen Meningitis verschlechtert sich die Prognose pro Stunde um 30 Prozent“, warnt Topka – ein verzweifeltes Rennen gegen die Zeit.

Aktuell verwenden Ärzte bereits Multiplex-PCR-Schnelltests, die in nur einer Stunde Ergebnisse liefern können, jedoch lediglich auf eine Handvoll häufig vorkommender Erreger beschränkt sind. Chiu's innovativer Ansatz vergrößert den Erregerhorizont erheblich und könnte insbesondere in rätselhaften Fällen, in denen keine sofortige Gefahr besteht, von großem Nutzen sein.

Eine bemerkenswerte Anwendung des mNGS-Verfahrens bewies seine Bedeutung, als es im Jahr 2023 einen Pilz, Fusarium solani, identifizierte, der für einen Ausbruch von Meningitis in Mexiko verantwortlich war, und somit die US-Gesundheitsbehörden auf die potenzielle Gefahr aufmerksam machte.

Experten warnen, dass Infektionen durch seltene Erreger in Deutschland zunehmen könnten, vor allem durch Fernreisen und globalen Handel. Der Einsatz von mNGS wäre daher auch hierzulande sehr wertvoll, um isolierte und schwer erklärbare Gehirninfektionen besser zu diagnostizieren. Topka fügt hinzu: „Wenn dieses Verfahren sogar noch schneller wäre, würde es viele Herausforderungen in der Infektionsmedizin meistern können.

Die Kosten für den Test belaufen sich derzeit auf etwa 3000 Dollar (knapp 2800 Euro), was ihn vorläufig nur für wohlhabende Länder zugänglich macht. Langfristig wird jedoch erwartet, dass sich die Kosten signifikant reduzieren.

Zusätzlich stellt Chiu mit einem weiteren Team im Fachmagazin „Nature Communications“ eine ähnliche mNGS-Technik vor, die innerhalb eines Tages die viralen Ursachen von Atemwegsinfektionen ermitteln kann, was die Zuverlässigkeit der Erkennung weiter steigert.