Wissenschaft

Das Geheimnis des Gehirnmikrobioms: Wie Mikroben unsere geistige Gesundheit beeinflussen

2025-04-24

Autor: Sofia

Im Jahr 2015 erlebte Nikki Schultek, eine dynamische junge Mutter von zwei kleinen Söhnen, einen Schock, als sie nach einem Halbmarathon plötzlich von einer rätselhaften Krankheit heimgesucht wurde. Ihr Asthma, das sie vorher gut im Griff hatte, blühte unerwartet wieder auf und führte zu chronischen Schmerzen, Verdauungsproblemen und kognitiven Nachlassen, was sie als 'Gehirnnebel' bezeichnete. "Das war der Tiefpunkt in meinem Leben," erinnert sich Schultek.

Nach mehreren Fehldiagnosen stellte ein Arzt endlich die Verbindung zu einer unentdeckten Infektion her. Tests zeigten, dass sie mit Borrelia burgdorferi und Chlamydia pneumoniae infiziert war, und nachdem sie einen Antibiotikacocktail erhielt, verschwanden ihre Symptome fast wie von Zauberhand.

Heute leitet Schultek eine Forschungsgruppe, die dem Mikrobiom des Gehirns auf den Grund geht. Die einst als absurd geltende Idee, dass Mikroben das Gehirn besiedeln könnten, gewinnt zunehmend an Bedeutung. Tatsächlich zeigt die Forschung, dass unser Gehirn von Bakterien, Viren und Pilzen wimmeln kann, und das Verständnis dieses Mikrobioms könnte revolutionäre Möglichkeiten zur Vorbeugung und Behandlung neurodegenerativer Erkrankungen bieten.

Das Mikrobiom: Eine neue Perspektive auf geistige Gesundheit

Die Idee, dass Mikroben in unserem Körper eine Rolle spielen, ist nicht neu. Seit Jahrzehnten erkennen Wissenschaftler die Bedeutung der Mikroben, insbesondere im Darm. Richard Lathe, Molekularbiologe an der Universität Edinburgh, erklärt, dass diese Mikroben nicht nur die Verdauung beeinflussen, sondern auch die Gesundheit anderer Organe – selbst des Gehirns. Es gibt Hinweise darauf, dass bestimmte Bakterien sogar an der Bildung von Plaques in Arterien beteiligt sind.

Vor einigen Jahren sorgte die Vorstellung eines Mikrobioms im Gehirn für Aufsehen, als Christopher Link von der University of Colorado Boulder zum ersten Mal auf die Idee stieß. Obwohl er anfangs skeptisch war, stellte er fest, dass die Beweise für das Gehirnmikrobiom bereits umfangreicher waren, als er erwartet hatte.

Ein Blick in die Vergangenheit: Mikroben und Demenz

Bereits in den 1990er Jahren entdeckte Ruth Itzhaki an der University of Manchester, dass Gewebe von Alzheimerpatienten oft mit dem Herpes-simplex-Virus infiziert war. Obwohl anfangs Skepsis herrschte, gab es immer mehr Beweise dafür, dass Mikroben eine Rolle bei der Demenz-Entwicklung spielen. Neueste Forschungsergebnisse zeigen, dass Beta-Amyloid-Plaques, die seit langem als Hauptursache für Alzheimer gelten, möglicherweise eine schützende Funktion haben, indem sie Krankheitserreger abfangen und eliminieren.

Die Verbindung zwischen Mikroben und Demenz

Experten wie Lathe vermuten, dass Mikroben im Gehirn mit einem erhöhten Demenzrisiko verknüpft sind. Bei älteren Menschen geschwächt das Immunsystem, und Mikroben können eindringen. Überraschenderweise legen neuere Studien nahe, dass die Zusammensetzung des gesamten Mikrobioms des Gehirns eine Rolle spielen könnte, nicht nur einzelne Krankheitserreger.

Lathe und sein Team fanden heraus, dass die Mikroben im Gehirn eine Teilmenge der Bakterien aus dem Darm darstellen und untersuchten Proben von Menschen mit und ohne Demenz. Ihre Ergebnisse zeigten eine bemerkenswerte Vielfalt von bis zu 100.000 Organismen pro Probe.

Neue Therapieansätze und ein Hoffnungsschimmer

Die Entdeckung, dass Mikroben möglicherweise an neurodegenerativen Erkrankungen beteiligt sind, könnte den Weg für neue Behandlungsmethoden ebnen. Ein vielversprechender Ansatz besteht darin, den Körper vor bestimmten Krankheitserregern zu schützen, die mit Alzheimer in Verbindung gebracht werden. Forschungsarbeiten aus Taiwan zeigten, dass Menschen, die antivirale Medikamente gegen Herpes-simplex-Viren einnahmen, ein signifikant vermindertes Risiko hatten, an Demenz zu erkranken.

Schultek hat mit ihrem Team auch Fallberichte von 86 Personen gefunden, deren Demenz durch antimikrobielle Behandlungen verbessert wurde. Einige der identifizierten Mikroben sind im Gehirn von Alzheimerpatienten überrepräsentiert, was die Dringlichkeit weiterer Forschung unterstreicht.

Die Zukunft der Hirnforschung

Obwohl noch viele Fragen offen sind, wächst das Interesse am Mikrobiom des Gehirns rasant. Schultek und ihre Initiative zeigen eindrucksvoll, dass es potenzielle Fortschritte geben könnte. Die Untersuchung des Mikrobioms könnte nicht nur zu revolutionären Behandlungen für Alzheimer und andere neurodegenerative Erkrankungen führen, sondern auch unser Verständnis der Gehirngesundheit insgesamt entscheidend verändern.