Das Parlament in der Zwickmühle: Entscheidung über die Neutralitätsinitiative steht bevor!
2024-11-27
Autor: Luca
Der Bundesrat hat die Neutralitätsinitiative als nicht unterstützenswert abgelehnt, doch nun hat das Parlament die Möglichkeit, eigene Entscheidungen zu treffen.
Die Neutralitätsinitiative verlangt eine verfassungsmäßige Verankerung der immerwährenden, bewaffneten Neutralität sowie ein umfassendes Verbot von Sanktionen. Dies stellt einen tiefen Einschnitt in die Schweizer Außenpolitik dar. Aussenminister Ignazio Cassis bestätigte, dass viele der Forderungen im Initiativtext zwar der Praxis der aktuellen Neutralität entsprechen und den völkerrechtlichen Standards genügen, jedoch auch neue Verpflichtungen mit sich bringen würden, die die zukünftige Handlungsfähigkeit der Schweiz einschränken könnten.
Die Grundsätze der Neutralität, seit 1848 in der Verfassung verankert, sind eng verwoben mit der Schweizer Identität und deren internationalem Auftreten. Cassis warnte, dass die Initiative eine rigide Definition der Neutralität bieten würde, die die Flexibilität und Anpassungsfähigkeit der Schweiz in einem sich wandelnden weltpolitischen Umfeld gefährden könnte. Ein Beispiel, das er anführte, ist die Organisation der Ukraine-Konferenz auf dem Bürgenstock, die zeigt, wie die Schweiz aktiv auf internationale Krisen reagiert.
Cassis betonte auch, dass eine Annäherung an militärische Allianzen, wie etwa die NATO, durch die Initiative stark eingeschränkt würde. Bei einem militärischen Konflikt könnte eine Kooperation nur dann eingegangen werden, wenn die Schweiz direkt angegriffen wird. Dies könnte die Zusammenarbeit mit wichtigen Partnern erheblich belasten.
Ein zentraler Punkt der Neutralitätsinitiative betrifft die Frage der Sanktionen. Wäre die Initiative angenommen worden, könnte die Schweiz zukünftig keine Sanktionen mehr verhängen, wie im Fall der EU-Sanktionen gegen Russland nach deren Angriff auf die Ukraine im Jahr 2022. Die Schweiz hatte in diesem Fall die EU-Sanktionen übernommen und vermied somit, international isoliert zu werden. Cassis warnte davor, dass eine solche Entscheidung ernsthafte außenpolitische und wirtschaftliche Konsequenzen haben könnte, insbesondere in Bezug auf die Glaubwürdigkeit der Schweiz auf der internationalen Bühne.
Die Neutralitätsinitiative wurde von der Gruppe Pro Schweiz und Vertretern der SVP ins Leben gerufen und im April 2023 mit nahezu 130.000 gültigen Unterschriften eingereicht. Die Initiatoren kritisierten, dass das Bundesratsmitglied einheitlich und „neutralitätswidrig“ die EU-Sanktionen nach dem Beginn des russischen Übergriffs auf die Ukraine übernommen habe. Zudem wurde die Initiative durch die angebliche Annäherung der Schweiz an die NATO unter Verteidigungsministerin Viola Amherd in Frage gestellt.
Die kommende Diskussion im Parlament bietet eine Plattform für leidenschaftliche Debatten, doch die Gefahren einer unveränderten Neutralitätsdefinition könnten die Sicherheit und die Interessen der Schweiz auf lange Sicht gefährden.