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Die schweizerische Zurückhaltung: Ein Tourist berichtet aus Basel

2024-11-23

Autor: Gabriel

Ein Tourist, der am Samstagabend alleine in Basel unterwegs war, macht eine ungewöhnliche Erfahrung. Er wollte neue Bekanntschaften schließen, doch wurde nur auf Ablehnung gestoßen. Auf Reddit fragte er die Community, ob dieses Verhalten typisch für die Schweiz sei.

Kathy Hartmann-Campbell, eine Kommunikationsexpertin, erklärt, dass die oft als unfreundlich interpretierten Verhaltensweisen der Schweizer in Wirklichkeit Distanziertheit sind. Diese Eigenschaft sei in vielen Kulturen zu finden, jedoch wird sie hier häufig missverstanden.

Während seines Aufenthalts bemerkte der Tourist, dass es nahezu unmöglich war, einer Freundesgruppe beizutreten. Er beschreibt eine belebte Straße voller Menschen, die Spaß hatten, dennoch fiel es ihm schwer, mit ihnen in Kontakt zu treten. Die wenigen Gespräche, die er führte, dauerten nicht länger als fünf Minuten. Auf Reddit schrieb er: „Habe ich etwas falsch gemacht oder ist das hier einfach normal?“

Die Reaktionen auf seinen Beitrag waren zahlreich. Ein User bemerkte humorvoll: „Es ist einfacher, sich auf einem Friedhof zu amüsieren als samstagabends in einer Schweizer Stadt.“ Ein anderer User verglich das Trinken in der Schweiz mit einem mediterranen Lebensstil, bei dem Wein mit Freunden genossen werde, gefolgt von einem ruhigen Tag in der Natur, statt dem Chaos, das man in anderen Ländern erleben kann.

Ein weiterer Reddit-Nutzer räumte ein, dass er, sobald ein Fremder näherkommt, oft „seine Schutzschilder hochfährt“. Dieses Verhalten verdeutliche das allgemeine Phänomen: Oft sei eine Mischung aus Sprachunsicherheiten, Schüchternheit und dem Respekt vor der Privatsphäre anderer verantwortlich für die Zurückhaltung in der Schweiz.

Kathy Hartmann-Campbell hebt hervor, dass die Trennung zwischen privater und öffentlicher Sphäre in der Schweiz von großer Bedeutung ist. Das Verständnis dieser kulturellen Eigenschaft sei für Neuankömmlinge eine der größten Herausforderungen. Sie selbst kam im Alter von 27 Jahren aus den USA nach Basel und erlebte einen Kulturschock, da die Menschen in der Schweiz nicht für flüchtige Bekanntschaften offen sind.

Freundschaften in der Schweiz sind oft von langer Dauer und beginnen häufig schon in der Kindheit. Viele Schweizer bleiben ihr ganzes Leben in der gleichen Region, was die Mobilität und somit auch neue Bekanntschaften einschränkt.

Im Kontext einer neuen Umgebung ist es zudem wichtig, sich selbst und die eigene kulturelle Prägung zu reflektieren. Hartmann-Campbell betont, dass es wesentlich ist, der anderen Kultur mit Neugier zu begegnen: „Es ist nicht gut oder schlecht, es ist einfach anders.“

Die Erfahrungen des Touristen sind somit nicht einzigartig, sondern spiegeln ein größeres kulturelles Muster wider. Für Reisende, die die Schweiz besuchen und gleichgesinnte Menschen treffen möchten, könnte es hilfreich sein, etwas Geduld mitzubringen und das richtige Umfeld zu wählen – seien es Cafés oder sozial organisierte Veranstaltungen, wo die Leute eher offen für neue Begegnungen sind.