Ehemalige Chefärzte der St. Galler Spitalverbunde fordern Verantwortung vom Verwaltungsrat
2024-12-06
Autor: Mia
Die St. Galler Spitalverbunde sind in einer tiefen Krise, nachdem die plötzliche Trennung vom CEO Stefan Lichtensteiger für Unruhe gesorgt hat. In einem offenen Brief haben sich am Freitag zwanzig ehemalige Chefärztinnen und Chefärzte, darunter der namhafte Infektiologe Pietro Vernazza, an den Verwaltungsrat gewandt und starke Vorwürfe erhoben. Sie äußern sich ‚zutiefst besorgt über die aktuellen Entwicklungen am Spital‘ und machen den Verwaltungsrat für die Missstände verantwortlich.
Die Ex-Chefs setzen die Freistellung von Lichtensteiger in Zusammenhang mit früheren Entlassungen, einschließlich der langjährigen CFO und CNO, und sprechen von einer ‚anhaltenden Führungskrise‘. In ihrem Schreiben kritisieren sie, dass der Verwaltungsrat anstelle von klugen Strategien den Anschein erweckt, als würden die Herausforderungen durch ‚schlechtes Management‘ entstehen. Diese Fehlinterpretation habe den Schaden am Spital noch verstärkt.
Die ehemaligen Führungskräfte bringen drei zentrale Kritikpunkte vor und appellieren an die politische Verantwortungsträger: Erst im September wurde Lichtensteiger zum CEO des neuen Spitalverbunds ‚Hoch Health Ostschweiz‘ berufen, der bis zum 1. Januar 2025 gegründet werden soll. Die plötzliche Entlassung wenige Monate später ohne klare Begründung wirke verwirrend und schädlich für das Personal, das ohnehin nach den Massenkündigungen im November 2023 verunsichert ist.
Die Kündigungen des letzten Jahres haben zu einem massiven Rückgang hochqualifizierter Mitarbeiter geführt, was die Situation weiter verschärft hat. Die Ex-Chefs fragen: ‚Wie kann ein besseres Ergebnis erwartet werden, wenn ganze Stationen geschlossen werden?‘ Zudem werfen sie dem Verwaltungsrat vor, nicht auf die Anliegen des Personals einzugehen, was zu einem Gefühl der Ignoranz führt.
Mit der Freistellung von Lichtensteiger seien die Probleme nicht gelöst, vielmehr sollte der Verwaltungsrat auf den Prüfstand gestellt werden. Die Verfasser des Briefes haben eine Verantwortung seitens der Politik und der strategischen Führung gefordert, um die Qualität der medizinischen Versorgung zu sichern und verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen.
Die St. Galler Spitäler stehen derzeit vor enormen finanziellen Herausforderungen. Im vergangenen Jahr wurde ein Verlust von rund 60 Millionen Franken verzeichnet, inklusive Wertberichtigungen sogar 100 Millionen. Für dieses Jahr haben die Spitäler einen Verlust von 13 Millionen budgetiert, während das Kantonsspital St.Gallen mit einem ausgeglichenen Budget abschließen sollte. Die Übernahme der Unternehmensführung durch den bisherigen Stellvertreter Simon Wildermuth im Interimsmodus ist nur eine vorübergehende Lösung. Wie die Zukunft der St. Galler Spitalverbunde aussieht, bleibt ungewiss. Die kommenden Wochen könnten entscheidend für ihre Stabilität und das Vertrauen der Mitarbeitenden und Patienten sein.