
Erdbeben vorhersagen: KI entschlüsselt Warnsignale, die Forscher jahrzehntelang übersahen
2025-04-06
Autor: Laura
Im September 2017, nur zwei Minuten bevor ein verheerendes Erdbeben der Stärke 8,2 Mexiko City erschütterte, ertönten Sirenen und warnten die Bevölkerung. Diese Frühwarnsysteme, die mittlerweile auch in den USA, Japan, der Türkei, Italien und Rumänien zum Einsatz kommen, können innerhalb von Sekunden nach Beginn eines Bebens reagieren. Seismometer erfassen die Erschütterungen, und komplexe Algorithmen schätzen die Stärke des Bebens ab. Aufgrund dieser Technologien haben die Menschen nun eine Vorwarnzeit von Sekunden bis Minuten, die ausreicht, um Gas- und Stromleitungen abzuschalten und sich in Sicherheit zu bringen.
Dennoch bleibt die Erdbebenvorhersage eine enorme Herausforderung. Aktuell beschränken sich die Vorhersagesysteme auf bereits begonnene Beben und können langfristige Prognosen, ähnlich denen bei Wettervorhersagen, nicht erstellen. Dies führt dazu, dass Menschen in erdbebenanfälligen Gebieten oft in ständiger Ungewissheit leben.
Die Forschung zur Erdbebenvorhersage hat seit der Einführung der Plattentektonik in den 1960er-Jahren erhebliche Fortschritte gemacht. In den letzten Jahren haben Wissenschaftler, insbesondere durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) und maschinellem Lernen, neue Ansätze zur Verbesserung der Vorhersagegenauigkeit entwickelt. Diese Technologien helfen, Muster in Daten zu erkennen, die in traditionellen Modellen möglicherweise übersehen werden.
Ein bemerkenswerter Trend ist die Untersuchung sogenannter Zeitlupen-Erdbeben, bei denen sich Spannungen an geologischen Verwerfungen aufbauen. Diese Ereignisse könnten nützliche Indikatoren für bevorstehende starke Beben sein. Wissenschaftler betrachten auch das seismische Rauschen, das Verhalten von Tieren und elektromagnetische Veränderungen als mögliche Vorläufer von Erdbeben.
Ein Meilenstein in den frühen 2000er-Jahren waren die Entdeckungen seismologischer Signale, die als "tektonische Tremoren" bekannt sind. Diese schwachen Signale treten regelmäßig auf und könnten darauf hinweisen, dass sich Spannungen an bestimmten Verwerfungslinien aufbauen, bevor ein starkes Beben stattfindet. Ähnlich interessante Phänomene wie die sogenannten "Slow Slip Events" zeigen, dass Teile des Erdbodens unter bestimmten Bedingungen allmählich in die entgegengesetzte Richtung der Bewegung gleiten, was eventuell ebenfalls zur Vorhersage von Erdbeben verwendet werden könnte.
Ein aktuelles Forschungsprojekt zeigt, dass zwei Stunden vor großen Erdbeben der Boden entlang der Verwerfung eine beschleunigte Verformung zeigt. Diese Erkenntnisse unterstützen die Hypothese, dass vor einem bevorstehenden Beben spezifische physikalische Veränderungen stattfinden.
In einer Zeit, in der einige Wissenschaftler skeptisch bleiben und die Erdbeben als chaotische, stochastische Prozesse ansehen, gibt es dennoch Fortschritte: KI-Systeme werden eingesetzt, um aus großen Mengen seismischer Daten neue Muster zu erkennen. Studien zeigen, dass maschinelles Lernen helfen kann, Vorläufer von Erdbeben genauer zu identifizieren und sogar neue Erdbeben in bestehenden Daten zu entdecken, die zuvor unbemerkt blieben.
Das Zusammenspiel aus traditioneller seismologischer Forschung und modernen Techniken könnte möglicherweise den Schlüssel zur erfolgreichen Vorhersage von Erdbeben darstellen. Der Blick in die Vergangenheit eröffnet zudem interessante Perspektiven: Historische Berichte deuten darauf hin, dass Tiere oft vor Erdbeben ungewöhnliches Verhalten zeigen, was den Wissenschaftlern Anhaltspunkte für zusätzliche Forschungen gibt.
Die Erkenntnisse über elektromagnetische Phänomene bei Erdbeben bleiben umstritten, aber einige Forscher wie Friedemann Freund von der NASA untersuchen die Möglichkeit, dass elektrische Ladungen durch Spannungen in bestimmten Gesteinen das Auftreten von Erdbeben vorhersagen könnten. Obwohl es an den Technologien fehlt, um diese Annahmen konstant zu überprüfen, bleibt die Forschung aktiv.
Zusätzlich zu den technologischen Entwicklungen könnte es langfristig zu einem Paradigmenwechsel kommen. Einige Forscher sind optimistisch, dass wie einst bei der Plattentektonik auch bei der Erdbebenvorhersage tiefere Einsichten notwendig sind, um das Rätsel zu lösen. Laut Paul Johnson vom Los Alamos National Laboratory könnte dies der Beginn einer Revolution in diesem bedeutenden Forschungsfeld.