Finanzkrise beim Bund: Tiefsteuerkantone auf Konfrontationskurs mit dem Ständerat!
2024-11-21
Autor: Gabriel
In der aktuellen Jahresendphase ringen die politischen Akteure der Schweiz um die Kontrolle über die Finanzen. Die Eidgenossenschaft steht am Rande einer ernsthaften Krise, da sie die selbst auferlegte Schuldenbremse verletzen könnte. Ein Hauptfaktor dafür ist die Forderung nach einer deutlichen Erhöhung des Budgets für die Armee. Doch wo sollte man sparen, und wie viel kann ein solcher finanzieller Kraftakt kosten? Dürfen zusätzliche Einnahmen in die Gleichung einfließen?
Die Finanzkommission des Ständerats hat in dieser Woche mit überwältigender Mehrheit beschlossen, das Armeebudget bis 2032 auf ein Prozent des Bruttoinlandprodukts anzuheben, anstatt wie bisher diskutiert, die Erhöhung bis 2030 oder 2035 zu strecken. Das hat die Diskussion in eine neue, unerwartete Richtung gelenkt.
Ein weiterer zentraler Punkt ist die Neuregelung der Verteilung der Mehreinnahmen aus der neu eingeführten OECD-Mindeststeuer. Der Plan der Kommission sieht vor, künftig nur noch 50 Prozent der Einnahmen an die Kantone und 50 Prozent an den Bund zu gehen. Dies, obwohl das Parlament und die Bevölkerung in den letzten zwei Jahren dem alten Verteilschlüssel von 75 zu 25 zugestimmt haben. Ein Faktor, der für die Kantone äußerst brisant ist!
Die Bevölkerung akzeptierte eine dazugehörige Verfassungsänderung im Juni 2023 mit einer überwältigenden Mehrheit, da die Schweiz durch den internationalen Druck gezwungen war, der OECD-Reform zuzustimmen, die von über 140 Ländern weltweit unterstützt wird.
Steuererhöhungen in den Kantonen treiben die Wellen hoch
Der Vorschlag der Kommission könnte dem Bund theoretisch zwischen 400 und 900 Millionen Franken pro Jahr einbringen, was jedoch nicht genug ist, um das strukturelle Defizit von über vier Milliarden Franken, das ab 2030 erwartet wird, zu decken. Das zusätzlich zur Verfügung stehende Geld soll speziell zur Aufstockung des Armeebudgets verwendet werden.
Allerdings gibt es einen Haken: Ab diesem Jahr gilt für alle Schweizer Unternehmen mit einem Umsatz von über 750 Millionen Euro ein minimaler Gewinnsteuersatz von 15 Prozent. Unternehmen in Kantonen, die diesen Satz nicht erreichen, müssen für die Differenz eine Ergänzungssteuer zahlen, wovon der Bundesanteil nur auf den fälligen Betrag erhoben wird.
In Reaktion auf diese Änderungen haben mehrere Kantone, darunter Genf, Neuenburg, Schaffhausen, Waadt und Basel-Stadt, ihre Steuern für Großunternehmen nachträglich erhöht oder planen dies, um die eben genannte Ergänzungssteuer möglichst zu minimieren oder gar ganz zu eliminieren. Allein die Maßnahmen in Basel könnten dem Bund rund 50 Millionen Franken entziehen.
Die Überlegung hinter diesen Steuererhöhungen ist klar: Durch die globale Reform verlieren die Kantone ihren Standortvorteil der niedrigen Steuersätze, was für sie schädlich ist, da es schwierig wird, die hohen Schweizer Löhne wettzumachen. Eine gute Investition in die Standortförderung scheint der einzige Ausweg. Während Zug und Luzern, wo die höchsten Mehreinnahmen zu erwarten sind, bislang keine Steuererhöhungen planen, sind viele andere Kantone verärgert über die drohende Umverteilung.
„Wir fühlen uns als Opfer dieser Umleitung der Gelder an den Bund“, betont Zugers Finanzdirektor Heinz Tännler (SVP). „Das ursprüngliche System von 75/25 wurde von allen, einschließlich Parlament und Bevölkerung, akzeptiert, und das Verhalten vieler Kantone, die ihre Steuersätze nachträglich verändern, ist nicht fair.“
Der Plan, den Bundesanteil auf 50 Prozent zu erhöhen, könnte viele Kantone dazu zwingen, ebenfalls ihre Steuern zu erhöhen, was die Unmut verstärken würde.
Zweifel an der Realisierbarkeit der Mehreinnahmen
Die Mitglieder der Finanzkommission des Ständerats hingegen sind optimistisch, dass die angesprochenen Mehreinnahmen realistisch sind und argumentieren, dass der Bund in der Vergangenheit oft zu zurückhaltend mit seinen Einnahmeschätzungen war. „Am Schluss lagen wir oft unter den tatsächlichen Einnahmen“, erklärt Kommissionspräsident Jakob Stark (SVP).
Allerdings erscheint die Entwicklung fraglich. Die Diskussion über die Spielregeln war von Anfang an vorgesehen, da die gültige Regelung lediglich als Übergangsbestimmung in der Verfassung verankert ist. Der Bundesrat muss spätestens bis Ende 2029 einen neuen Vorschlag zum Thema vorlegen.
„Es würde einen massiven Vertrauensverlust unter den Kantonen geben, wenn der Vorschlag kurz nach der Annahme durch Parlament und Volk tatsächlich umgesetzt wird“, warnt Tännler. Ein klarer Aufruf zur Stabilität und zur Erfüllung von Versprechen in der Politik!