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Hakan Şükür: Der größte türkische Fußballer – Von Held zu Staatsfeind

2024-10-03

Hakan Şükür ist ein Name, der in der Türkei zum Symbol eines dramatischen Wandels geworden ist. Während der WM 2022 kommentierte der Journalist Alper Bakircigil für den Sender TRT ein Spiel, das Erinnerungen an Şükürs rekordverdächtiges Tor nach nur 11 Sekunden im Spiel um Platz drei gegen Südkorea im Jahr 2002 wecken sollte. Dieses Tor bleibt bis heute das schnellste Tor in der Geschichte der Fußball-Weltmeisterschaft.

Doch während Şükür einst gefeiert wurde, ist er heute in der Türkei eine persona non grata. Nach einem Konflikt mit Präsident Recep Tayyip Erdogan musste der ehemalige Fußballstar ins Exil in die USA fliehen – ein Verlust, der die türkische Fußballgemeinschaft tief verletzt hat.

In einer aktuellen Dokumentation der ARD mit dem Titel „Hakan Şükür – Fußballheld und Staatsfeind der Türkei“ wird sein Schicksal beleuchtet. Der Filmemacher Ole Zeisler hat jahrelang versucht, mit Šükür in Kontakt zu treten. Dieses Jahr gelang es ihm immerhin, ein Interview zu führen – eine Seltenheit, da Şükür seit seiner Flucht fast nicht mehr mit Medien spricht.

In den letzten Jahren hat er sich weitgehend zurückgezogen und lebt in Palo Alto, Kalifornien, unweit des Apple-Hauptquartiers. Dass er sich nun an ein deutsches Publikum wendet, hat auch praktische Gründe: In Deutschland lebt die größte türkische Diaspora, die ihm Gehör schenken könnte.

Şükür war nicht nur ein herausragender Spieler für Galatasaray und die Nationalmannschaft, sondern auch Teil einer goldenen Ära des türkischen Fußballs. Viele erinnern sich auch an seinen Sieg im UEFA-Cup im Jahr 2000 – der große Triumph eines türkischen Vereins auf europäischer Bühne. Doch seine Karriere in Europa verlief nicht so erfolgreich wie erhofft: Bei Klubs wie Torino, Inter Mailand und Parma konnte er sich nicht dauerhaft durchsetzen.

Die Wendung in Şükürs Karriere kam mit der politischen Landschaft in der Türkei. Anfangs war er ein Unterstützer von Erdogans AKP, doch nach seinem Austritt im Jahr 2013 verhärteten sich die Fronten. Şükür kritisierte Erdogans Politik und distanzierte sich von der Gülen-Bewegung, mit der er fälschlicherweise in Verbindung gebracht wurde. Diese Bewegung wurde als Drahtzieher des gescheiterten Putsches von 2016 angesehen, der die Türkei in eine tiefe Krise stürzte.

Seine Rückkehr in die Türkei erscheint unmöglich, solange Erdogan an der Macht bleibt. In der ARD-Dokumentation wird klar, dass Şükür trotz der ihm angebotenen Amnestie, die mit einer Entschuldigung verbunden war, nicht gewillt ist, seine Haltung aufzugeben: „Ich versuche immer, aufrecht zu bleiben. Selbst vor einem Galgen würde ich nicht aufgeben.“

Der Verlust seiner sportlichen Identität und die ausbleibende Anerkennung in der Heimat haben eine Mauer des Schweigens um Şükür errichtet. Dies ist besonders evident, wenn man bedenkt, wie wichtig er für die türkische Fußballgeschichte war. Workshops, Fanclubs und sogar ehemalige Mitspieler schweigen über seine Situation; nur vereinzelt gibt es Stimmen, die ihn verteidigen und auf seine Verdienste hinweisen.

Während einige Legenden über Hakan Şükür kursieren, einschließlich der fadenscheinigen Geschichte, er würde heute als Uber-Fahrer arbeiten, ist die Realität, dass er für ein international tätiges Unternehmen im Onlinehandel arbeitet. Im Zusammenhang mit seiner Vergangenheit und den aktuellen Herausforderungen bleibt sein Status ein bedeutendes Thema in der türkischen und international politischen Diskussion.

Hakan Şükürs Fall zeigt, wie stark Sport, Politik und persönliche Schicksale miteinander verwoben sind. Während sich die Türkei im ständigen Wandel befindet, bleibt die Frage: Wird es jemals einen Platz für Hakan Şükür in der Heimat geben, die ihn einst gefeiert hat?