Herzinfarkt bei Frauen: Die erschreckende Wahrheit über fehlende Warnsignale
2024-11-19
Autor: Gabriel
Zehn Jahre lang litt Regina Wellmer unter rätselhaften Herzproblemen, während Ärzte ihre Symptome nicht ernst nahmen. Mit 60 Jahren erlebte sie immer wieder, wie ihr Herz beim Treppensteigen raste und sie Schmerzen im Brustkorb, Bauch und Rücken spürte. Statt angemessener medizinischer Hilfe erhielt sie Psychopharmaka, da sie fälschlicherweise für hysterisch gehalten wurde.
Die Erfahrungen von Regina sind leider keine Einzelfälle. In Deutschland sterben jährlich etwa 18.000 Frauen an Herzinfarkten, viele von ihnen aufgrund von Fehldiagnosen. Diese Symptome, die oft als psychisch abgetan werden, können jedoch entscheidende Anzeichen für einen drohenden Herzinfarkt sein. Ein weit verbreitetes Problem, das Ärzte nicht nur als Ignoranz, sondern auch als gefährliches Unwissen definiert haben.
Der Kardiologe Michael Becker, Gründer des ersten Frauenherz-Zentrums in Deutschland im Jahr 2018, hat die Alarmglocken läuten hören. Täglich suchen etwa fünf Frauen mit Herzbeschwerden seine Klinik auf, viele mit ähnlichen, häufig fehlinterpretieren Symptomen. Übersichten zeigen, dass Frauen in Bezug auf Herzerkrankungen oft schlechter behandelt werden als Männer, was die Notfallsterblichkeit signifikant erhöht.
Faktoren wie Körpergröße und Hormone spielen eine große Rolle: Das Herz einer Frau ist kleiner, schlägt schneller und ist anfälliger für unterschiedliche Störungen. Mit Beginn der Wechseljahre sinkt der natürliche Schutz, den das Hormon Östrogen bietet. Dies hat zur Folge, dass Frauen etwa zehn Jahre später als Männer einen Herzinfarkt erleiden – und die Symptome sind oft weniger klar, was zu einer falschen Einschätzung durch medizinisches Personal führt.
Eine erschreckende Statistik aus 2023 zeigt, dass 12 % der Frauen nach einem Herzinfarkt innerhalb eines Monats sterben, während dies nur auf 5 % der Männer zutrifft. Viele Frauen sind bis zu 95 Minuten nach Ankunft im Krankenhaus auf eine Behandlung angewiesen. Die American Heart Association belegt zudem, dass Frauen nach einem Herzinfarkt seltener wiederbelebt werden.
Trotz dieser alarmierenden Zahlen wird das Problem in der Medizin oft verkannt. Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind die häufigste Todesursache bei Frauen, und dennoch glauben viele Mediziner, dass das Risiko für Frauen nach den Wechseljahren nicht dem der Männer entspricht. Regina ist nur eine von vielen, die ein Jahrzehnt darauf gewartet haben, ernst genommen zu werden und die für ihre Gesundheit kämpfen mussten.
Der Mangel an Wissen über geschlechtsspezifische Unterschiede in der medizinischen Aus- und Weiterbildung führt zu mangelnder Diagnostik. Oft haben Frauen das Gefühl, ihre Beschwerden werden nicht ernst genommen; ein Umstand, den Becker kritisiert. Zusammen mit anderen Ärzten fordert er eine Verbesserung der medizinischen Ausrichtung, um geschlechtsspezifische Unterschiede und Symptome besser zu verstehen.
Becker ermutigt Frauen, sich nicht zurückzuhalten und dringend Hilfe zu suchen, wenn sie Anzeichen eines Herzproblems verspüren. Er betont die Notwendigkeit, eine vertrauensvolle Ärztin oder einen Arzt zu finden, die/der bereit ist zuzuhören und ernsthaft nachzuforschen. „Ein schnelles Handeln und die Bereitschaft, weiter nachzuhaken, können Leben retten“, sagt er.
Regina Wellmer schaffte es schließlich ins Frauenherz-Zentrum, wo sie endlich die richtige Behandlung fand. Ihre Symptome verschwanden, und sie hat gelernt, dass es entscheidend ist, der eigenen Gesundheit Priorität einzuräumen. Frauen sollten sich nicht scheuen, laut zu sein, vor allem nicht, wenn es um ihr Herz geht – denn es könnte das Leben kosten.