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Im Winter Solarstrom vom Sommer nutzen: Ein bahnbrechendes Projekt in der Schweiz

2025-01-09

Autor: Lukas

Im Winter Solarstrom vom Sommer nutzen – ein wegweisendes Projekt in der Schweizer Stadt Frauenfeld erhält den renommierten Watt d'Or. Diese Auszeichnung wird an innovative Technologien verliehen, die zur Erreichung der Energiewende beitragen und der Abkehr von fossilen Brennstoffen wie Öl und Gas. Die Verantwortlichen des Projekts haben eine kostengünstige Langzeit-Speichertechnologie entwickelt, um Solarstrom vom Sommer im Winter zu nutzen.

Das innovative Konzept wird von Benjamin Fumey von der Hochschule Luzern (HSLU) geleitet. In der neu errichteten Demonstrationsanlage, die sich in einer umgebauten Tierkadaver-Anlage befindet, wird eine neuartige Langzeit-Energiespeichertechnologie präsentiert. Diese Technik könnte entscheidend zur Lösung des Problems der saisonalen Schwankungen in der Stromerzeugung beitragen, die durch den Anstieg der erneuerbaren Energien verursacht werden – viel Strom im Sommer, aber zu wenig im Winter. Durch den verstärkten Einsatz von Wärmepumpen in den Haushalten steigt zudem der Stromverbrauch zur Heizungsnutzung erheblich.

Die Lösung, die Fumey und sein Team gefunden haben, basiert auf Natronlauge, einer Flüssigkeit aus Wasser und Natriumhydroxid. Diese Substanz zeigt eine hohe Effizienz bei der Speicherung von Energie. Überschüssige erneuerbare Energie aus Fotovoltaik- und Solarthermie-Anlagen wird in der Natronlauge gespeichert, während der Sommermonate. Die gesamte Technologie hat das Potenzial, jährlich mehrere Gigawattstunden an Energie zur Verfügung zu stellen, was für die Umwelt und die Energiewende von enormer Bedeutung ist.

Im Rahmen des Projekts wird eine zweite Demonstrationsanlage in Kaltenbach, im Kanton Thurgau, eröffnet, die speziell für die neue Post-Verteilzentrale konzipiert wurde. Eine weitere Anlage soll in einer Mehrfamilienhaussiedlung in Deutschland errichtet werden, was die Internationalität und das Potenzial dieser Technologie unterstreicht.

In der Anlage in Frauenfeld sind acht Tanks installiert, die entweder mit Natronlauge oder Wasser gefüllt sind. Ein spezieller Massen- und Wärmetauscher, der SeasON genannt wird, steuert die Energieflüsse und sorgt für eine effiziente Nutzung der gespeicherten Energie. Von April bis Oktober wird die Natronlauge durch Sonnenenergie aufgeladen, indem das Wasser verdampft und eine hochkonzentrierte Natronlauge zurückbleibt, die als Energiespeicher fungiert.

Diese konzentrierte Natronlauge gibt im Winter Wärme ab, die dann für Heizungszwecke verwendet werden kann. Der Zyklus ist vollständig geschlossen: Im Sommer wird die Natronlauge erneut mit Solarstrom geladen, während die Wärmepumpe in dieser Anlage durch chemische Prozesse betrieben wird, nicht durch direkte Stromzufuhr.

Die Vorteile dieser Technologie sind erheblich: Natronlauge ist ein kostengünstiges und gut verfügbares Material, da sie ein Abfallprodukt aus der Kunststoffproduktion ist. Außerdem können die Speicherkapazitäten einfach durch zusätzliche Tanks erweitert werden, was zusätzlichen Spielraum für die Energieversorgung im Winter schafft.

Die Speicherdichte von Natronlauge ist bemerkenswert – pro Kubikmeter können etwa 200 bis 350 Kilowattstunden Wärme gespeichert werden, was ungefähr sechs Mal mehr ist als bei einem herkömmlichen Warmwasserspeicher. Ein durchschnittliches Einfamilienhaus benötigt je nach Standort und Bauweise etwa 8 bis 10 Kubikmeter Natronlauge für eine Heizsaison.

Ein weiterer großer Vorteil ist, dass Natronlauge in einem geschlossenem System keine Verluste aufweist; es handelt sich lediglich um einen Lade- und Entladeprozess. Selbst nach 40 Jahren könnte die Natronlauge nach wie vor in identischer Form vorhanden sein, was ihre Nachhaltigkeit unterstreicht.

Die Idee hinter diesem Projekt wurde über viele Jahre hinweg erforscht, zuerst im Rahmen eines EU-Projekts und später an der HSLU. Nun liegt der Fokus darauf, diese vielversprechende Technologie in ein marktfähiges Produkt zu verwandeln. Die Hoffnungen sind hoch, dass dieses System nicht nur in der Schweiz, sondern auch international große Fortschritte in der Energieversorgung ermöglichen könnte.