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Iran unter Druck: Kommt die Vergeltung nach Israels Angriffen?

2024-09-27

Inmitten der neuesten israelischen Luftangriffe in Libanon hat der frisch gewählte iranische Präsident Massud Peseschkian in einer brandaktuellen Ansprache gewarnt, dass Israels aggressive Handlungen nicht ohne Antwort bleiben dürften. Trotz dieser Drohung betonte er gleichzeitig, dass Iran offen für eine Verbesserung seiner Beziehungen zur internationalen Gemeinschaft sei. Dieses doppelte Spiel zeigt ein zentrales Dilemma, in dem sich Teheran aktuell befindet.

Naysan Rafati, Iran-Analyst bei der International Crisis Group, erklärt, dass eine passive Haltung der iranischen Regierung Israel das Signal geben könnte, ungehindert weitere Angriffe durchzuführen.

Die Optionen, mit denen Iran konfrontiert ist, sind alles andere als vielversprechend. Eine starke militärische Antwort könnte die gesamte Region in einen noch größeren Konflikt ziehen. Rafati meint, dass keine der beiden Optionen vorteilhaft für Teheran wäre, weshalb man vorerst die direkte Konfrontation vermeidet.

Dennoch bedeutet dies nicht, dass Iran untätig bleibt. Die Spannungen im Nahen Osten nehmen zu, vor allem durch die Unterstützung nicht-staatlicher militärischer Gruppen in Jemen, Irak, Syrien und Libanon – alle unterstützt von Teheran.

Diese Woche wurden Raketen und Drohnen aus dem Irak auf Israel abgefeuert. Laut Rafati ist die Unterstützung dieser Gruppen Teil Irans Strategie, Einfluss zu gewinnen, ohne sich direkt an Militäraktionen zu beteiligen.

Iran könnte sein Schweigen strategisch nutzen, um diplomatische Beziehungen zu den arabischen Nachbarn zu fördern, die stark an einer Deeskalation des Nahostkonflikts interessiert sind. Saudi-Arabien hat großes Interesse daran, eine ruhige Nachbarschaft zu fördern, nachdem die beiden Länder vor 18 Monaten ihre Konflikte begraben haben. Experten wie Aziz Alghashian vom Arab Gulf States Institute unterstreichen, dass Iran, indem es auf einen Gegenschlag verzichtet, Druck auf die anderen Staaten ausüben könnte, um politische und wirtschaftliche Zugeständnisse zu erzielen.

Ein weiterer der wohl überlegten Vorteile für Iran könnte sich aus ausländischen Investitionen ergeben, die dringend benötigt werden, um die von westlichen Sanktionen geschädigte Wirtschaft zu stabilisieren. Insbesondere Saudi-Arabien könnte hier eine Schlüsselrolle spielen, da es bereit ist, Handelsbeziehungen mit Iran aufzubauen.

Die Möglichkeit, militärische Zurückhaltung zu üben, könnte sich für Iran als klug erweisen. Experten sind sich einig, dass ein Schritt weg von aggressiven militärischen Aktionen eine Erneuerung der Nuklearverhandlungen mit den USA begünstigen könnte. Rafati betont, dass eine solche Deeskalation mit der Wiederaufnahme von Gesprächen über das iranische Atomprogramm verknüpft sein könnte.

Schlussendlich könnte Iran tatsächlich profitieren, wenn es geduldig bleibt und die militärischen Optionen zunächst zurückstellt, um letztlich sowohl regionale Stabilität zu erreichen als auch friedliche wirtschaftliche Kooperationen zu fördern.