Unterhaltung

Maria Furtwängler zu Sexszenen: «Wird er mir beim Küssen die Zunge reinstecken?»

2024-11-19

Autor: Sofia

In Maria Furtwänglers neuem TV-Drama «Bis zur Wahrheit», das am Mittwoch, den 20. November um 20:15 Uhr auf ARD ausgestrahlt wird, wird die hochaktuelle Thematik des sexuellen Übergriffs behandelt. Furtwängler, die sowohl die Hauptrolle spielt als auch als Mitproduzentin agiert, teilt mit, wie sich intime Szenen im Film über die Jahre entwickelt haben und welche Herausforderungen diese mit sich bringen.

In «Bis zur Wahrheit» verkörpert Furtwängler eine erfolgreiche Ärztin, die sich auf einen Flirt mit dem Sohn ihrer guten Freundin einlässt. Doch dieser nachmittägliche Spaß endet in einem Übergriff, der zunächst verschwiegen wird. Der Film setzt sich auf innovative Weise mit dem Thema sexuelle Gewalt auseinander und offenbart Details, die von den typischen Vergewaltigungsfilmen abweichen, die oft ein einseitiges Bild vermitteln.

Im Gespräch erläutert Furtwängler, wie sich das Bewusstsein über sexuelle Gewalt in der Filmbranche gewandelt hat. Die Debatte um das Gesetz «Nein heißt Nein» hat bei Filmemachern wohl zu einem größeren Verständnis und einer Sensibilisierung für die Thematik geführt.

Furtwängler bemerkt einen Wandel in der Wahrnehmung: Früher war das Bild von Vergewaltigern oft mit dunklen, bedrohlichen Erscheinungen verknüpft, heute stammt der mögliche Täter häufig aus dem nahen Umfeld der Opfer, was der Realität viel eher entspricht. Diese Veränderung reflektiert die gesellschaftliche Debatte, in der misogynes Verhalten und toxische Männlichkeit zunehmend hinterfragt werden.

Die Reaktionen auf «Bis zur Wahrheit» beim Münchner Filmfest waren gemischt; einige Zuschauer äußerten sich skeptisch und hörten in der Darstellung Anzeichen von Verharmlosung, während andere den Film als verstörend und aufrüttelnd empfanden. „Genau das wollten wir erreichen, das Bewusstsein über die Frage ‘Was ist eine Vergewaltigung?’ zu schärfen“, verkündet Furtwängler.

Eine interessante Perspektive liefert sie auch auf die sexualisierte Darstellung ihrer Figur: „Eine Sexualität und Lust zu zeigen, auch nach einem Übergriff, entspricht einfach der Realität.“ Der Film bricht mit dem Klischee, dass Opfer von sexueller Gewalt keine Lust mehr empfinden dürfen. Furtwängler zeigt die Ambiguität der weiblichen Erfahrung und das Bedürfnis nach Kontrolle über die eigene Sexualität.

Eine weitere wichtige Frauenfigur in ihrem Film ist die beste Freundin sowie die Mutter des Täters, gespielt von Margarita Broich. Furtwängler hebt hervor, wie die Dynamik weiblicher Solidarität auf die Probe gestellt wird, wenn persönliche Bindungen ins Spiel kommen.

„Martina“, ihre Rolle im Film, ist eine komplexe und nicht immer sympathische Figur. „Gerade das war uns wichtig, die Ambivalenz der Charaktere darzustellen. Diese Nuancen werden im Film oft übersehen, wenn es um Frauen geht“, so Furtwängler.

Der Film wird zudem unter dem Einfluss eines Intimitäts-Coaches produziert, was heutzutage gängige Praxis ist. „Intimitäts-Coaches sind entscheidend, um Sicherheit am Set zu gewährleisten. Sie helfen, die Grenzen der Darsteller zu respektieren und sorgen dafür, dass alle Beteiligten sich wohlfühlen“, erklärt sie und betont die Wichtigkeit dieser Position im kreativen Prozess.

Darüber hinaus zieht Furtwängler einen Vergleich zwischen der heutigen und der früheren Sichtweise auf Nacktszenen. „Früher waren Nacktszenen oft ein Tabu, jetzt werden sie gezielter hinterfragt. Die Frage muss lauten, ob sie wirklich zur Story beitragen oder nur zur Befriedigung voyeuristischer Bedürfnisse dienen“, argumentiert sie.

Abschließend betont Furtwängler: „Kreativität im Film darf nicht eingeschränkt werden, aber wir müssen auch kritisch hinterfragen, warum bestimmte Darstellungen gewählt werden und welche kulturellen Narrative sie bedienen.“ Ihr Film ist nicht nur ein Schritt in eine neue Richtung, sondern auch ein wichtiges Signal an die Gesellschaft, sich mit den Themen Sex, Macht und Gewalt auseinanderzusetzen.