Gesundheit

Meilenstein oder Gefahr? Bremer Ärzte im Streit um neue Alzheimer-Medikamente

2024-10-05

In Bremen sorgt die Debatte über die neuen Alzheimer-Medikamente für hitzige Diskussionen. Neurologe Thomas Duning setzt große Hoffnungen in die Arzneien, während Pharmakologe Bernd Mühbauer sie vehement ablehnt.

Duning ist Chefarzt der Klinik für Neurologie am Klinikum Bremen-Ost und Mühbauer leitet das Institut für Pharmakologie am Klinikum Bremen-Mitte. Während Duning darauf wartet, dass Medikamente wie Aducanumab, Lecanemab und Donanemab in Deutschland erhältlich sind, sieht Mühbauer die potenziellen Risiken dieser Therapien als zu hoch an.

Die Medikamente sind Antikörper, die schädliche Eiweißablagerungen im Gehirn angreifen sollen, was sie in vielen Ländern wie den USA, China und Japan bereits zugelassen hat. Doch Europa bleibt skeptisch. Mühbauer weist auf die besorgniserregenden Nebenwirkungen hin, die in Zulassungsstudien auftraten. „Bei 17 Prozent der Teilnehmer traten lokale Hirnschwellungen und Mikroblutungen auf“, erklärt er und fordert mehr Vorsicht im Sinne der Patientensicherheit.

Im Juli hat der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) gegen die Zulassung von Lecanemab entschieden. Diese Entscheidung basiert auf den Bedenken, die auch Mühbauer äußert. Duning hingegen kritisiert diese Haltung und hofft auf eine Wende: „Die EMA sollte von den Erfolgen in den USA lernen und diese Behandlungsmöglichkeiten nicht einfach ignorieren.“

Der heutige Welt-Alzheimer-Tag bietet eine besondere Plattform, um auf die Herausforderungen der Krankheit aufmerksam zu machen. Duning ist optimistisch: „Im frühen Stadium der Erkrankung gibt es endlich Ansätze, die wir nutzen können.“ Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) unterstützt diesen Optimismus und bezeichnet die neuen Antikörper als „Meilenstein“. Das Deutsche Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) kritisiert die Entscheidung der EMA, da Alzheimer weltweit als Pandemie gilt und eine Zulassung notwendig wäre, um das Problem in Europa besser behandeln zu können.

In der Öffentlichkeit wird diskutiert, inwiefern die unterschiedlichen Perspektiven der Mediziner die Meinungsverschiedenheiten prägen. Die Medizinerin Anke Christians merkte an: „Es ist eine Frage der Sichtweise“, und verwies auf die verschiedenen Interessen in der Forschung und Entwicklung. Während viele Neurologen die Fortschritte begrüßen, betonen Kritiker die Notwendigkeit einer umfassenden Sicherheitsbewertung.

Die endgültige Entscheidung über die neue Medikamentenklasse steht noch aus. Der EMA-Sprecher Henry Fitt erklärte, dass der Zulassungsantrag für Lecanemab sowie die Beurteilung von Donanemab derzeit erneut geprüft werden. Es bleibt spannend, ob diese entscheidenden Therapien den Weg in die europäische Medizin finden werden und somit Hoffnung für Millionen von Alzheimer-Patienten bringen.