Nation

Microsoft Quanten-Chip: Durchbruch oder übertriebener Hype?

2025-03-24

Autor: Louis

Microsoft hat mit dem «Majorana 1» seinen ersten Chip für einen neuartigen Quantencomputer mit topologischer Core-Architektur vorgestellt und dazu einen Artikel im renommierten Wissenschaftsmagazin «Nature» veröffentlicht.

Dieser Chip soll die sogenannten Majorana-Partikel nutzen, die von dem italienischen Physiker Ettore Majorana in den 1930er-Jahren theoretisiert wurden, dessen Existenz jedoch bis heute nicht empirisch nachgewiesen werden konnte.

In der Pressemitteilung zeigt sich Microsoft optimistisch und sieht die Entwicklung eines voll funktionsfähigen Quantencomputers nicht mehr in jahrzehntelanger Ferne, sondern in naher Zukunft. Doch könnte diese Euphorie übertrieben sein?

Kritische Stimmen

Daniel Loss, ein angesehener Physikprofessor aus Basel und Experte im Bereich des Quantencomputings, äußert sich skeptisch. Seiner Meinung nach gibt es keinen direkten Zusammenhang zwischen den im wissenschaftlichen Artikel präsentierten Fakten und den optimistischen zeitlichen Prognosen von Microsoft. Er bezweifelt, dass im Chip tatsächlich Majorana-Teilchen vorhanden sind und verweist auf einen Vorbehalt in der eigenen Studie.

Professor Henry Legge von der Universität St. Andrews hat zudem die Nachweismethoden von Microsoft in der Vergangenheit kritisiert. Experten bezweifeln, dass die Majorana-Partikel, die für die Quantencomputing-Technologie von entscheidender Bedeutung sind, jemals tatsächlich nachgewiesen wurden.

Daniel Loss führt weiter aus, dass selbst wenn zwei Majoranas produziert werden konnten, dies noch nicht ausreicht, um ein Quibit zu bilden: „Für ein Qubit benötigt man nicht zwei, sondern vier Majoranas. Dies ist nötig, um eine Superposition zu erzeugen.“ Ohne die Fähigkeit zur Superposition ist quantenmechanisches Rechnen jedoch unmöglich.

Ein Labor auf einem Chip

Der ETH-Zürich-Professor Tilman Esslinger vergleicht den neuen Chip mit einem Labor, in dem künftige Experimente und Forschungen durchgeführt werden können. Er rühmt die Fortschritte in der Materialproduktion des «Majorana 1» und sieht hier bedeutende Veränderungen in der Herstellung, die vielversprechend scheinen.

„Es wird sicherlich viele weitere Studien geben, die uns helfen werden, den derzeitigen Stand der Forschung umfassender zu beurteilen“, erklärt der Spezialist für Quanteninformation.

Forschung auf Grundlagenniveau

Beide Wissenschaftler sind sich darüber einig, dass die Forschung im Bereich des Quantencomputings noch in einem frühen Stadium der Grundlagenforschung steckt: „Wir stehen vor einem Problem, bei dem neue Ideen und Ansätze gefragt sind“, merkt Tilman Esslinger an. „Wir müssen offen für neue Entwicklungen sein, denn weitere Durchbrüche sind auf jeden Fall zu erwarten.“

Doch ob es dem Menschen jemals gelingen wird, einen voll funktionsfähigen Quantencomputer zu entwickeln, bleibt ungewiss. Die notwendigen theoretischen Modelle sind zu komplex und lassen sich nicht ohne weiteres berechnen. Paradoxerweise benötigt die Entwicklung eines Quantencomputers in vielen Fällen bereits einen Quantencomputer selbst.

Der große Nutzen der Quantenrechners

Trotz der Hürden und Unsicherheiten ist der potenzielle Nutzen eines Quantencomputers so groß, dass Wissenschaftler und Unternehmen dennoch unermüdlich an dessen Entwicklung arbeiten werden. „Das Ziel ist so verlockend, dass man nicht mehr daran glauben kann, dass es eine effizientere Art des Rechnens gibt als mit Quantenmechanik, die die Gesetze unserer Welt bestimmt“, erläutert Loss.

Die Quantenmechanik ist die Grundlage alles Natürlichen. Um komplexe Vorgänge, wie beispielsweise chemische Reaktionen, effektiv zu simulieren, müssen Wissenschaftler auch mit den Gesetzen der Quantenmechanik arbeiten, die die Natur lenken.

Es bleibt abzuwarten, welche Technologie sich letztlich durchsetzen wird – ob Qubits auf Basis einzelner Teilchen oder die vielversprechenden topologischen Qubits. Das Wettrennen um die Zukunft des Quantencomputings ist noch längst nicht entschieden.