Nation

Nach dem Shitstorm: Davos und seine jüdisch-orthodoxen Gäste - Ein neuer Dialog

2024-09-30

In den atemberaubenden Bergen von Davos gibt es nicht nur frische Luft und beeindruckende Ausblicke, sondern auch eine neue Initiative zur Förderung der Gleichbehandlung aller Gäste. Nach mehreren Fällen von Antisemitismus und öffentlicher Kritik, die in den letzten Jahren die Runde machten, hat sich die Stadt entschlossen, den Dialog mit ihren jüdisch-orthodoxen Gästen zu intensivieren.

Immer wieder wurde Davos von Antisemitismus-Vorwürfen erschüttert. Diese Vorfälle, dokumentiert durch Leserbriefe und andere öffentliche Äußerungen, verdeutlichten ein brodelndes Problem. Es war von unhöflichen Begegnungen, liegengelassenem Abfall und dem Missverständnis die Rede, dass jüdische Gäste Plätze in lokalen Restaurants besetzten, ohne konsumierende Gäste zu sein.

Eine Taskforce unter der Leitung des ehemaligen Diplomaten Michael Ambühl hat sich nun intensiv mit der Thematik auseinandergesetzt. Diese Gruppe brachte Hoteliers, Sportshop-Besitzer und Vertreter der Bergbahnen an einen Tisch, um Lösungen zu finden. Zudem wird ein zuvor auf Eis gelegtes Dialogprojekt mit Mitgliedern des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebundes (SIG) wieder aufgenommen.

Doch was macht Davos für jüdisch-orthodoxe Gäste so besonders? Jedes Jahr reisen rund 3000 Juden in die idyllische Gebirgslandschaft. Sie schätzen nicht nur die natürliche Umgebung und das gesundheitliche Klima, sondern auch die vorhandenen Infrastrukturen wie eine Synagoge und Geschäfte mit koscheren Lebensmitteln.

Ein bedeutendes Zitat des Rabbiner Samuel Hirsch aus dem 19. Jahrhundert, der einmal sagte: „Wenn ich dereinst vor dem Schöpfer stehe, wird er mich fragen, hast du meine Alpen gesehen?“ hat sich in die orthodoxe Tradition eingeschrieben und zieht viele jüdische Gäste an, die in Davos einen Teil der Schöpfung erfassen möchten, wie der Religionswissenschaftler Michael Blume feststellt.

Die Burstein-Familie ist ein Beispiel für die jüdischen Gäste, die ihre Sommerferien hier verbringen. Bei einem Picknick im Wald äußern sie, dass sie die Regeln respektieren, während sie gleichzeitig bedauern, dass nicht alle Gäste sich an die selben Standards halten.

In der RTR-Dokumentation „Cuntrasts“ wird gezeigt, wie die Familie Burstein den Sabbat in ihrer Ferienwohnung vorbereitet. Sie ersetzen Küchenutensilien durch koschere und bereiten alle Mahlzeiten für den Ruhetag vor, da das Elektronische an diesem Tag für sie tabu ist. Diese Tradition verlangt die strikte Einhaltung von 613 religiösen Geboten.

Die Tourismusgemeinde von Davos hofft, dass die neuen Vermittlungsmaßnahmen erfolgreich sind. Reto Branschi, der bis Juli 2024 als Tourismusdirektor tätig ist, betont, dass es nicht akzeptabel sei, Davos in eine antisemitische Ecke zu drängen. Die Initiative soll das gegenseitige Verständnis fördern, indem Dialog und Austausch an die erste Stelle treten.