RNA: Das Lebensnetzwerk der Zukunft!
2024-12-01
Autor: Simon
Im Gegensatz zur DNA, die über Jahrtausende hinweg erhalten bleibt – wie die über zwei Millionen Jahre alte DNA, die in den tiefen, eisigen Sedimenten Grönlands gefunden wurde – ist RNA äußerst kurzlebig. Sie zerfällt innerhalb von Minuten oder sogar Sekunden, insbesondere in Zellen. In der Umwelt geschieht der Abbau noch schneller, da viele Organismen mit Enzymen ausgestattet sind, die RNA-Viren bekämpfen und diese zur Zersetzung von RNA auch nach draußen abgeben.
Doch trotz ihrer Zerbrechlichkeit ist RNA auch außerhalb der Zellen aktiv. Sie wird in kleinen Bläschen verpackt, den sogenannten extrazellulären Vesikeln (EVs), die aus Lipiden und Proteinen bestehen und von Zellmembranen abgeschnürt werden. Lange Zeit dachte man, dass diese EVs hauptsächlich Reste von abgebauter RNA und Proteinen enthalten und somit eine Art "Müllsäcke" der Zellen sind.
Im Jahr 2007 stieß der Forscher Hadi Valadi aus Göteborg auf eine bemerkenswerte Entdeckung: EVs, die intakte RNA enthielten und deren Wirkung sichtbar wurde, als er diese von Mäusezellen auf menschliche Zellen übertrug. Die menschlichen Zellen begannen, Proteine gemäß der Mäuse-RNA zu produzieren. Dieses Phänomen wirft völlig neue Fragen auf: Können EVs als Transportmittel für genetische Informationen zwischen verschiedenen Arten fungieren? Obwohl man schon früher Transportmechanismen für verschiedene Moleküle wie Insulin und Neurotransmitter kannte, ist der Transport von RNA ein noch unverstandenes Gebiet.
Besonders faszinierend ist die Möglichkeit, dass der Austausch von RNA über EVs ein uraltes Kommunikationsmittel ist, das von allen Lebensformen „verstanden“ wird. RNA könnte das erste Biomolekül gewesen sein, das die Grundlage für die genetische Kommunikation in der Evolution geschaffen hat. Allerdings bleiben die genauen Informationen, die zwischen Archaea über EVs ausgetauscht werden, noch weitgehend unklar. Der Zufall führte die Wissenschaftlerin Susanne Erdmann vom MPI für marine Mikrobiologie zur Entdeckung der Bedeutung von EVs bei Archaea, während sie eigentlich Viren untersuchte. Die EVs, die sie fand, ähneln in ihrer Struktur den Vesikeln höherer Lebewesen, was darauf hindeutet, dass hier ein evolutionärer Zusammenhang besteht.
Diese Erkenntnisse lassen darauf schließen, dass RNA nicht nur ein wichtiger Bestandteil des Lebens ist, sondern auch als Katalysator für den Austausch von Informationen zwischen verschiedenen Lebensformen wirken könnte. Mit dieser neuen Perspektive eröffnet sich ein spannendes Forschungsfeld, das das Potenzial hat, unsere Sichtweise auf die Genetik und Evolution grundlegend zu ändern. Sehen wir möglicherweise den Anfang einer Revolution in der Biologie, die das Verständnis von Kommunikation zwischen Zellen und Organismen revolutioniert?