Skandalöser Missbrauchsfall in Frauenfeld: Verteidigerin fordert mildere Strafe
2024-12-10
Autor: Alina
Miguel H.* wird als Täter bezeichnet, doch die Verteidigerin sieht ihn auch als Opfer. Am dritten Tag des Missbrauchsprozesses vor dem Bezirksgericht Frauenfeld spricht die Anwältin eindringlich über die belastende Kindheit ihres Mandanten, der in seiner Jugend schweren sexuellem Missbrauch ausgesetzt war. Der heute 39-Jährige behauptet, unter den Folgen einer posttraumatischen Belastungsstörung zu leiden, die maßgeblich mit seinen eigenen traumatischen Erlebnissen verbunden sei.
Besonders betont die Verteidigerin die Tatsache, dass zwei forensisch-psychiatrische Gutachter die Glaubwürdigkeit von Miguel H. bestätigen und seine Erfahrungen als Kinder missbraucht worden zu sein, ernst nehmen. Er sei in seiner Kindheit von einem 18-Jährigen, dessen Name Luis war, sexuell missbraucht und körperlich gequält worden. Laut der Verteidigung wurde Miguel H. sogar gegen Geld an andere Männer verliehen, darunter ein Mann mit einer Maske, den er später in Videos wiedererkannte. Die fehlenden Erinnerungen an einige Details seien bei traumatisierten Opfern nicht ungewöhnlich.
Die Verteidigerin bezeichnet die von der Staatsanwaltschaft geforderte Höchststrafe von 15 Jahren als übertrieben und ungerecht. "Das Leid der Opfer wird nicht gemildert, wenn der Täter unfair bestraft wird", argumentiert sie und schlägt stattdessen eine Haftstrafe von sieben Jahren sowie eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 30 Franken vor.
Ein weiterer zentraler Punkt ist der von der Staatsanwaltschaft beantragte Landesverweis von 15 Jahren. Die Verteidigerin appelliert eindringlich, diesen Verweis auszulassen, da Miguel H. mit elf Jahren in die Schweiz kam, hier eine Familie gründete und die Landessprache spricht. Er sei sogar in der Lage, nach seiner Haftentlassung in der Bauwirtschaft zu arbeiten, weil er guten Kontakt zu seinem früheren Arbeitgeber gepflegt habe.
Der Fall ist jedoch von tragischer Schwere: Miguel H. wird beschuldigt, sieben Kinder und acht Frauen sexuell missbraucht, vergewaltigt und geschändet zu haben. Viele seiner Taten hat er selbst gefilmt. Während er die meisten Übergriffe gestanden hat, bestreitet er einzelne Vorwürfe, einschließlich der versuchten Schändung einer 80-Jährigen, was die Verteidigerin als nicht signifikant abtut.
In seinem Schlusswort entschuldigt sich Miguel H. aufrichtig bei den Opfern und deren Angehörigen, zeigt jedoch auch den inneren Kampf, den er mit seinen Taten trägt: "Ich mache alles, um ein besserer Mensch zu werden. Aber ich muss bis zu meinem Tod mit dem leben, was ich getan habe."
Das Bezirksgericht Frauenfeld wird am kommenden Donnerstag das Urteil fällen, während der Prozess weiterhin für Schrecken und Diskussionen sorgt.