Tastenhandy statt Smartphone – Ist digitale Abstinenz der Schlüssel zum Glück?
2024-12-02
Autor: Lara
Wenn Kilian Huber sein Nokia 3210 herausnimmt, wird es oft mit überraschten Blicken und kindlichem Staunen kommentiert: «Hast du da wirklich Spiele drauf?»
Vor sechs Monaten verabschiedete sich der 29-jährige Huber von seinem iPhone und entschied sich für das nostalgische Tastenhandy. Seine neuen Möglichkeiten erstrecken sich hauptsächlich über das Telefonieren, das Versenden von SMS und ein nostalgisches Spiel von Snake. Während er vorführt, wie die pixelschlangen-artigen Figuren über den Bildschirm zischen, merkt er selbst, dass diese simplen Spiele nicht mit der schnellen Interaktion seines Smartphones mithalten können.
Im Gegensatz zu früher, als er täglich stundenlang in sozialen Medien und Apps versank, ist Hubers neue Kommunikationsweise sehr viel einfacher. Unter der Woche erreicht ihn niemand außer über SMS, und für Treffen braucht es nur drei kleine Nachrichten. Dieser Minimalismus bringt nicht nur Ordnung, sondern auch eine spürbare Entschleunigung in sein Leben.
Nach und nach stellt er fest, dass er seine Abende nicht mehr mit Nachrichtenlesen und stundenlangen Bildschirmzeiten verbringt. Die Unmenge an Informationen, die ihn vorher oft überfordert haben, sind verschwunden, und stattdessen ist mehr Zeit für echte Hobbys und zwischenmenschliche Beziehungen. Huber started sogar einen Tanzkurs, um seine Freizeit aktiver zu gestalten.
Psychologen warnen jedoch davor, dass eine komplette Abkapselung von digitalen Medien eine problematische Form des Extremismus darstellen kann. "Die Balance ist entscheidend," sagt Stefanie Schmidt, Kinder- und Jugendpsychologin. "Es geht nicht darum, alle Bildschirme zu meiden, sondern eine gesunde Beziehung zu Technologie zu finden." Viele Menschen erleben die digitale Welt als stressig und ablenkend, aber nicht alle kommen zu der gleichen Lösung wie Huber.
Laut aktuellen Studien verbringen Jugendliche mittlerweile durchschnittlich dreieinhalb Stunden täglich vor Bildschirmen – eine Zahl, die am Wochenende sogar auf fast fünf Stunden ansteigt. Diese mediale Überflutung führt oft zu einem Gefühl der Überforderung, was viele enfernt von echten sozialen Verbindungen und Passionen.
Doch ein Tastenhandy ist nicht für jeden die Lösung. Während Huber das Gefühl hat, etwas verpasst zu haben, genießt er inzwischen die Ruhe und Gelassenheit. Ein weiterer Trend ist sichtbar: Die Nachfrage nach „Dumbphones“ (einfachen Handys) hat stark zugenommen. Bei einem großen Online-Händler stieg der Verkaufsanteil dieser Handys im Jahr 2024 um satte 66 Prozent.
Kilian Huber hat durch seinen entschlossenen Rückzug von sozialen Medien und digitalen Ablenkungen eine signifikante Verbesserung seiner Lebensqualität festgestellt. "Ich fühle mich viel besser," sagt er und bemerkte gleichzeitig: „Scherzhaft fügen sich meine Mutter nun oft in die digitale Welt ein, während ich die analoge wiederentdecke."
Der Wandel von einem smartphone-nutzenden jungen Mann zu einem, der die Einfachheit schätzt, ist faszinierend. Bleibt die Frage: Kann wirklich jeder von einer digitalen Abstinenz profitieren, oder ist ein gewisses Maß an Technik ein unvermeidbarer Teil des modernen Lebens?