Ukraine: Warum geflüchtete Ukrainer in der Schweiz kaum einen Job finden
2025-01-08
Autor: Noah
Die Integration von geflüchteten Ukrainerinnen und Ukrainern in den Schweizer Arbeitsmarkt bleibt eine große Herausforderung. Obwohl der Bundesrat den Schutzstatus S bis zum 4. März 2026 verlängert hat, um Arbeitgebern Planungssicherheit zu bieten, liegt die Erwerbsquote dieser Gruppe mit nur 29 Prozent deutlich unter der von anderen Flüchtlingsgruppen. Zum Beispiel erreichen syrische Flüchtlinge eine Erwerbsquote von 39,4 Prozent und eritreische Flüchtlinge sogar 52,3 Prozent. Ziel des Bundesrates ist es, bis Ende 2024 mindestens 40 Prozent der Personen mit Schutzstatus S in Arbeit oder Ausbildung zu bringen.
Die Gründe für die niedrige Erwerbsquote sind vielfältig. Laut Stefan Heini, dem Kommunikationsleiter des Schweizerischen Arbeitgeberverbands, spielen fehlende Sprachkenntnisse und die Schwierigkeiten bei der Anerkennung von Diplomen eine zentrale Rolle. „Insbesondere in Berufen mit Kundenkontakt sind Sprachdefizite eine enorme Hürde. Zudem befindet sich das duale Bildungssystem in der Ukraine noch in der Entwicklungsphase“, erklärt Heini. Bürokratische Hürden, wie die Klärung von Arbeitsbewilligungen, machen den Einstieg zusätzlich kompliziert.
Samuel Wyss vom Staatssekretariat für Migration (SEM) hebt hervor, dass neben dem Aufenthaltsstatus die Dauer des Aufenthalts in der Schweiz entscheidend ist: „Mit zunehmender Aufenthaltsdauer steigt auch die Erwerbstätigenquote.“ Bei Ukrainern, die bereits seit zwei Jahren in der Schweiz leben, liegt diese Quote bereits bei 36 Prozent.
Darüber hinaus beeinflussen Geschlecht und Alter die Beschäftigungsfähigkeit. Ein hoher Anteil von 63 Prozent der geflüchteten Ukrainer sind Frauen, die häufig die Verantwortung für die Kinderbetreuung tragen, bevor sie arbeiten können. Im Vergleich dazu haben andere Gruppen, wie Afghanen mit einem Männeranteil von 75 Prozent, andere Voraussetzungen. Die regionale Arbeitsmarkt- und Wirtschaftslage spielt ebenfalls eine zentrale Rolle: „Der Schweizer Arbeitsmarkt ist hoch spezialisiert und verlangt in bestimmten Branchen eine Berufsanerkennung oder -zulassung, was die Einstiegshürden entsprechend erhöht“, so Wyss.
Euplio Di Gregorio, ein Mitglied der Geschäftsleitung des Schweizerischen KMU-Verbands, beobachtet eine zusätzliche Herausforderung: „Viele Unternehmen befürchten, dass die Arbeitskräfte nicht langfristig verfügbar sind, weil viele Geflüchtete planen, in ihre Heimat zurückzukehren.“
Die Schweizerische Volkspartei (SVP) fordert die Aufhebung des Schutzstatus S für ukrainische Flüchtlinge. Die Partei argumentiert, dass der Status nicht mehr gerechtfertigt sei und die Belastung der Sozialsysteme gesenkt werden müsse. Ebenso lehnt sie finanzielle Anreize ab, da sie befürchtet, dass diese falsche Signale senden könnten.
Im Durchschnitt dauert die Bearbeitung eines Asylgesuchs bis zu 122 Tage, wobei beschleunigte Verfahren etwa 89 Tage in Anspruch nehmen und erweiterte Verfahren bis zu 315 Tage dauern können. Im Fall geflüchteter Personen aus der Ukraine wird kein Asylgesuch gestellt, sondern ein Antrag auf Schutzstatus S. In den letzten Monaten dauerte die Bearbeitung eines S-Status-Gesuchs rund 80 Tage.
Angesichts der komplexen Situation und der Herausforderungen, die geflüchtete Ukrainer in der Schweiz erleben, wird deutlich, dass sowohl die Gesellschaft als auch die Regierung gefordert sind, um eine bessere Integration zu ermöglichen. Was können wir tun, um das Leben dieser Menschen zu verbessern und ihre Chance auf dem Arbeitsmarkt zu erhöhen? Die Antwort könnte die Zukunft vieler geflüchteter Ukrainer in der Schweiz entscheidend beeinflussen.