Wissenschaft

Wald, Klima und Soziologie: Wie der Wald unser Leben prägt

2024-12-07

Autor: Noah

Die Faszination für den Wald ist ungebrochen. Besonders im Herbst, wenn die Blätter in leuchtenden Farben erstrahlen, scheint der Alltag für einen Moment in den Hintergrund zu rücken. Doch hinter dieser Idylle verbergen sich tiefgreifende Krisen: Vertrocknete Bäume und Konflikte über Klimaschutz und Nachhaltigkeit liegen wie ein Schatten über den Wäldern. Alarmierende Ergebnisse der letzten Bundeswaldinventur zeigen, dass die deutschen Wälder aufgrund klimabedingter Schäden mittlerweile mehr CO2 ausstoßen, als sie aufnehmen – eine beunruhigende Entwicklung, die unser Umweltbewusstsein auf die Probe stellt.

Stephanie Bethmann, promovierte Soziologin und Ethnologin, beleuchtet seit über zehn Jahren die soziologischen Dimensionen des Waldes. An der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg stellte sie kürzlich ihren Habilitationsvortrag über die „Soziologie des Waldes“ vor – und erregte damit große Aufmerksamkeit. „Der Wald ist nicht nur ein Symbol unserer Verbindung zur Natur. Er steht auch für unsere problematische Beziehung zur Umwelt im Kontext des Klimawandels“, betont Bethmann. Diese Verbindung ist entscheidend, wenn es um die Auseinandersetzung mit der Zukunft der Wälder geht.

Bethmann leitet die Stabstelle für Gesellschaftlichen Wandel an der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt (FVA) in Freiburg. Diese Einrichtung gilt als Vorreiter in der interdisziplinären Forschung, die forst- und sozialwissenschaftliche Aspekte vereint. Gerade in einer Zeit, in der der Druck auf unsere Wälder steigt, ist die Zusammenarbeit dieser Disziplinen entscheidend.

Im Oktober fand das zweite große Treffen des 2023 gegründeten Netzwerks „Soziologische Waldforschung“ an der FVA statt, das innerhalb nur eines Jahr fast 100 Mitglieder gewinnen konnte. Inspiriert von einem Gefühl der Isolation unter jungen Forschern, soll das Netzwerk für Austausch und Vernetzung sorgen. Jana Holz, eine der Gründerinnen, betont, dass trotz der Existenz von verwandten Forschungsfeldern wie der Umwelt- oder Agrarsoziologie, das Thema Wald oft nur am Rande behandelt wird.

Die aktuelle Forschung zeigt zudem, wie sich die Wahrnehmung des Waldes in der Gesellschaft wandelt. Bethmann und ihr Team untersuchen, wie klimatische Veränderungen in der Bevölkerung und der Forstwirtschaft wahrgenommen werden, und fördern den Dialog zwischen Bürgerinitiativen und Forstverwaltungen. In ihren Analysen geht es nicht nur um wirtschaftliche Interessen, sondern um Wertvorstellungen und Identitäten, die sich im Umgang mit der Natur manifestieren.

Ein zentrales Thema ist der „forstliche Habitus“ – die tiefverwurzelte Identität und Kultur der Forstleute, geprägt von Tradition und einem starken Selbstverständnis als Bewahrer der Nachhaltigkeit. Im Angesicht des Klimawandels sind sie jedoch mit neuen Herausforderungen konfrontiert, die tief in ihre berufliche Identität eingreifen.

Bethmann mahnt zur Öffnung und zum Verständnis für die Ängste und Bedenken von Waldbewirtschaftenden. Sicherheit, Tradition und ein respektvoller Umgang mit der Natur sind Schlüsselelemente, die in der Debatte über den Wald nicht ignoriert werden dürfen. „Die Suche nach Lösungen erfordert einen interdisziplinären Ansatz; sowohl Soziologen als auch Naturwissenschaftler müssen gemeinsam an einem Strang ziehen“, sagt Bethmann abschließend.

Das Bild, das sich formiert, ist klar: Die Zukunft der Wälder hängt von unserem Handeln ab. In einer Zeit, in der Klimawandel und Umweltzerstörung dynamische Frauen und Männer an die Front schicken, um den Wald in seiner Vielfalt zu schützen, dürfen wir die Stimmen und Perspektiven nicht aus dem Blick verlieren. Unsere Beziehung zur Natur ist der Schlüssel zu einer nachhaltigen Zukunft.