Technologie

Warum London das Epizentrum der Fintech-Revolution ist

2024-10-08

Autor: Luca

Großbritannien ist trotz Brexit und wirtschaftlicher Unsicherheiten eines der führenden Länder für Fintech-Unternehmen. Was macht London zu einer so attraktiven Stadt für die Finanztechnologie?

Fintech, oder Financial Technology, bezieht sich auf Unternehmen und Start-ups, die innovative Softwarelösungen für finanzielle Dienstleistungen entwickeln. Ob es darum geht, mit dem Smartphone an der Kasse zu bezahlen oder internationale Geldtransfers günstiger und schneller durchzuführen – die Fintech-Branche verändert die Art und Weise, wie wir mit Geld umgehen. Im vergangenen Jahr flossen erstaunliche fünf Milliarden Dollar in britische Fintech-Unternehmen, mehr als in allen anderen europäischen Ländern zusammen. Global betrachtet, belegt das Vereinigte Königreich den zweiten Platz, direkt nach den USA.

Janine Hirt, CEO von Innovate Finance, betont: "Fintech ist die große Stärke des Vereinigten Königreichs." London gilt als eines der bedeutendsten Finanzzentren der Welt, wo sich bedeutende Banken, Investoren und Talent versammeln. Kapitalgeber finden sich in der Stadt fast an jeder Straßenecke.

Ein entscheidender Faktor für das Wachstum der Fintech-Branche sind die unterstützenden Programme der britischen Regierung, die Investoren Steuererleichterungen bieten, wenn sie in aufstrebende Start-ups investieren. Diese finanzielle Unterstützung ist besonders wichtig für junge Unternehmen, die oft Risiken eingehen, um einen Fuß in die Tür der Branche zu bekommen. Seit letztem Jahr gibt es zusätzlich einen sogenannten "Fintech-Fonds", der Investitionen zwischen zehn und 100 Millionen Pfund in wachstumsstarke Start-ups ermöglicht.

Ein weiterer Grund für den Boom ist die fortschrittliche Finanzmarktaufsicht in Großbritannien. Das Unternehmen Wise, das internationalen Geldtransfer revolutioniert hat, profitierte maßgeblich von diesen Rahmenbedingungen. Thomas Adamski, Pressesprecher von Wise, beschreibt, wie das Unternehmen den Geldtransfer über Grenzen hinweg demokratisiert hat und mittlerweile 140 Milliarden Euro jährlich bewegt. Wise wurde als "Fintech-Einhorn" bekannt und ist mittlerweile an der Börse gelistet.

Ein innovatives Konzept der britischen Finanzaufsicht ist die sogenannte Sandkasten-Umgebung. Dabei dürfen Unternehmen ihre Produkte in einer realen Testumgebung ausprobieren, bevor sie offiziell auf den Markt kommen. Dieses Modell hat sich auch in anderen europäischen Ländern etabliert, da es eine schnelle und sichere Entwicklung neuer Produkte ermöglicht.

Darüber hinaus hat Wise von einer Lockerung der Vorschriften profitiert: Unternehmen können nun direkt bei der Zentralbank Konten führen, was die Kosten und die Bearbeitungszeit für internationale Zahlungen erheblich reduziert hat.

Laut Adamski gibt es einen weiteren entscheidenden Vorteil für britische Fintechs: Die Briten sind einfach digitaler. In seinen sechs Jahren in Großbritannien habe er nur dreimal Bargeld abgehoben – ein klares Zeichen für den digitalen Wandel, der in der Bevölkerung stattfindet.

Ein prominentestes Beispiel aus Londons Fintech-Szene ist die Digitalbank Revolut, Europas wertvollstes Fintech-Start-up mit 45 Millionen Kunden. Adam Gagen, ein Sprecher des Unternehmens, erklärt, dass auch das Konzept des "Open Banking" für den Erfolg von Revolut entscheidend war. Dieses System ermöglicht es Nutzern, nahezu mühelos Daten zwischen Banken auszutauschen, was den Vergleich und die Auswahl von Finanzprodukten erheblich vereinfacht.

Ein bedeutender Faktor für den Erfolg der Fintech-Branche ist die Internationalität der Talente: Ungefähr 45 Prozent der Mitarbeiter in britischen Fintech-Unternehmen stammen aus dem Ausland. Diese Diversität bringt frische Ideen und Perspektiven in die Industrie. Wie Hirt feststellt: "Innovation geschieht global, und die Möglichkeit, diese auf dem eigenen Markt umzusetzen, ist unerlässlich."

London bleibt unbestritten das Herz der Fintech-Welt und zeigt, wie man trotz Herausforderungen eine dynamische und innovative Branche fördern kann. Die Frage ist: Wer wird die nächste große Fintech-Erfolgsgeschichte schreiben?