Wissenschaftsmoderatorin Mai Thi Nguyen-Kim im Kinder-Interview: "Chemie ist supercool!"
2024-11-20
Autor: Gabriel
Larissa: Ich habe gerade in der 7. Klasse mit Chemie begonnen und bin gespannt, wie es so wird. Ich interessiere mich für Wissenschaft.
Mai Thi Nguyen-Kim: Chemie ist wirklich supercool – aber es kommt darauf an, wie man es unterrichtet. Ich erinnere mich, dass ich während des Unterrichts oft gedacht habe: Was haben all diese Formeln und Zahlen eigentlich mit meinem Leben zu tun?
Larissa: Wie bist du zur Chemie gekommen?
Nguyen-Kim: Meine Leidenschaft für die Chemie habe ich von meinem Vater geerbt. Er ist Chemiker und ein großartiger Koch! Er sagt immer: Das Kochen ist wie Chemie; man nimmt Zutaten, erhitzt sie, vermischt sie und schaut, was dabei herauskommt. Zum Beispiel verändern Mehl, Eier und Butter beim Backen ihre Form durch Hitze und verwandeln sich in köstliche Backwaren. Chemie ist also viel mehr als nur Zahlen und Formeln; sie steckt in unserem Alltag.
Larissa: Du hast einen Doktortitel in Chemie. Woran hast du genau gearbeitet?
Nguyen-Kim: Ich hoffe, ich kann das verständlich erklären: Stellt euch Gels vor, wie Haargel oder Wackelpudding. Gels sind weder flüssig noch fest, sondern ein ganz interessanter Zustand dazwischen. In der Forschung setzen wir solche Gels ein, um Zellen zu züchten, die dann helfen können, künstliche Gewebe oder sogar Organe herzustellen – eine spannende Perspektive für die Medizin, besonders für Menschen, die nach einem Unfall neue Haut oder Organe brauchen. In meiner Dissertation habe ich untersucht, wie Zellen in diesen Gelen optimal wachsen können.
Larissa: Und dann bist du YouTube-Star geworden?
Nguyen-Kim: Genau! Ich nahm an einem Wettbewerb namens "Forscher tanzen" teil, wo ich mit meiner Hip-Hop-Gruppe eine Choreographie entwickelte, die darstellt, wie Krebsmedikamente wirken. Das hat so viel Spaß gemacht, dass ich schließlich einen YouTube-Kanal gestartet habe.
Larissa: Glaubst du, dass viele Leute deinen Videos folgen?
Nguyen-Kim: Am Anfang nur meine Familie und Freunde, aber dann kamen allmählich auch andere Zuschauer dazu. Der erste Kommentar von jemandem, den ich nicht kannte, war eine große Überraschung für mich.
Larissa: Heute bist du eine bekannte Wissenschaftsmoderatorin. Wie ist es für dich, berühmt zu sein?
Nguyen-Kim: Es ist ein bisschen seltsam, denn ich versuche, ein normales Leben zu führen. Ich bin dankbar dafür, dass ich so viele Menschen für Wissenschaft begeistern kann. Immer wieder schreiben mir junge Zuschauer, dass sie Interesse an Chemie gefunden haben, obwohl sie davor skeptisch waren.
Larissa: Du erklärst viele Dinge auf unterhaltsame Art. Wie machst du das?
Nguyen-Kim: Ich wähle oft witzige und alltägliche Themen, was mir einen Vorteil gegenüber Lehrern gibt, die strikt dem Lehrplan folgen müssen. Aber es gibt auch großartige Lehrer, die ihre Schüler mit Begeisterung für Wissenschaft anstecken. Oft haben sie einen Mentor, der ihre Leidenschaft geweckt hat.
Larissa: Was hältst du von Menschen, die der Wissenschaft nicht vertrauen?
Nguyen-Kim: Das ist bedauerlich. Manche Menschen sind so skeptisch, dass es schwierig wird, sie zu erreichen. Aber ich hoffe, dass ich einige von ihnen, die neugierig sind, mit klaren und nachvollziehbaren Argumenten überzeugen kann.
Larissa: Gibt es Klischees über Wissenschaftler?
Nguyen-Kim: Ja, das Klischee, dass Wissenschaftler schüchterne Nerds sind, gibt es. Teilen sich noch weitere Klischees in der Gesellschaft, wie dass die Naturwissenschaften Männerdomänen sind. Aber das ist Quatsch, denn Frauen sind in diesen Bereichen sehr erfolgreich.
Larissa: Woran liegt es, dass weniger Frauen in den Naturwissenschaften gesehen werden?
Nguyen-Kim: Das hat historische Gründe. Früher hatten Frauen oft nicht die Möglichkeit, in diesen Feldern zu arbeiten. Die Herausforderungen sind nach wie vor präsent, und es gibt viele, die durch ihre Rollenbilder eingeschränkt sind.
Larissa: Glaubst du, dass es nach wie vor eine Benachteiligung gibt?
Nguyen-Kim: Ja, viele Berufe sind für Frauen erschwert, besonders wenn es um Familienplanung geht. Frauen wird oft zugeschrieben, sich um Kinder und Haushalt zu kümmern, während von Männern erwartet wird, dass sie Karriere machen. Das erschwert es Frauen, in der Wissenschaft aufzusteigen. Dennoch gibt es immer mehr Frauen, die ALLE Herausforderungen meistern und Pionierarbeit leisten.