Alarmstufe Rot für den Glasfasermarkt: Profitieren die Deutsche Telekom und das Monopol der Zukunft?
2024-11-09
Autor: Leonardo
Die Deutsche Telekom könnte aus dem Aus der Ampel-Koalition erheblich profitieren, warnt der Branchenverband Anga. Aufgrund der fehlenden parlamentarischen Mehrheit in der Bundesregierung könnten essentielle Gesetze, die den Wettbewerb im Glasfaserausbau fördern sollen, auf der Strecke bleiben.
Eine aktuelle Marktstudie verdeutlicht die Sorgen des Anga, welche besagt, dass das ambitionierte Ziel der Bundesregierung, bis 2030 flächendeckend Glasfaser in Deutschland auszubauen, kaum erreichbar ist. Momentan sind nur etwa ein Drittel der Wohngebäude mit Glasfaseranschlüssen ausgestattet. Bei dem aktuellen Ausbau-Tempo wäre eine vollständige Anbindung der Wohngebäude erst im Jahr 2034 möglich. Dies wirft Fragen auf, ob die Wettbewerber in der Lage sind, weiterhin schnell auszubauen.
Ein zentrales Problem ist, dass die Deutsche Telekom möglicherweise die Abschaltung ihrer Kupfernetze absichtlich hinauszögert. Der Konzern hat ein starkes finanzielles Interesse daran, in Gebieten, in denen Glasfaserprojekte von Wettbewerbern geplant sind, das Kupfernetz weiter zu betreiben und zu vermarkten. Diese Taktik könnte die Nutzerzahlen auf den Glasfasernetzen reduzieren und damit auch die finanziellen Anreize für andere Anbieter, ihre Netze auszubauen.
Die Notwendigkeit eines zügigen Glasfaserausbaus wird durch die exponential steigende Datenlast verdeutlicht: Laut der Studie könnte sich der Datenbedarf pro Anschluss bis 2030 um das 2,4- bis 3,7-fache erhöhen. Herkömmliche DSL-Anschlüsse werden dann nicht mehr in der Lage sein, moderne Anwendungen wie KI-gesteuerte Video-Streaming-Dienste oder Cloud-Gaming adäquat zu unterstützen.
Die Vorwürfe gegen die Telekom sind nicht neu. Seit Jahren wird argumentiert, dass das Unternehmen Glasfaserprojekte der Konkurrenz absichtlich sabotiert, indem es in bestimmten Regionen nur aktiv wird, wenn dort ein Mitbewerber Ausbaupläne hat. Die Telekom hat diese Vorwürfe stets zurückgewiesen.
Ein weiteres wichtiges Thema ist die bevorstehende Abschaltung der Kupfernetze, die in den kommenden Jahren an Dringlichkeit gewinnen könnte. Der Anga fordert eine rasche Reaktion der Bundesnetzagentur, um wettbewerbswidriges Verhalten beim Übergang zu Glasfasernetzen zu verhindern. Es besteht die Sorge, dass die Telekom im Zuge solch verzögerter Entscheidungen einen Wettbewerbsvorteil erlangen könnte – ein Szenario, das zu einer Re-Monopolisierung im Glasfaserbereich führen könnte.
„Das Ende der Ampel-Koalition darf nicht dazu führen, dass entscheidende Maßnahmen in der digitalen Agenda verschleppt werden“, so Anga-Präsident Thomas Braun, der auf einer Veranstaltung anlässlich des 50-jährigen Bestehens des Verbands sprach. Auch Führungspersönlichkeiten von Netzbetreibern wie Vodafone, Deutsche Glasfaser und Tele Columbus unterstützen diesen Aufruf zur dringenden politischen Intervention.
Die Unsicherheit über politische Entscheidungen könnte dazu führen, dass Wettbewerber und Kunden länger auf dringend benötigte Fortschritte im Glasfaserausbau warten müssen. Sollte es im Jahr 2025 zu Neuwahlen kommen, könnte sich die Bildung einer neuen Koalition weiter verzögern und bestehende Projekte zusätzlich bremsen.
Besonders besorgniserregend ist die mangelnde Geschwindigkeit der aktuellen Regulierung im Bereich des strategischen Überbaus, die bereits als problematisch angesehen wird. Obwohl das Bundesdigitalministerium im Laufe des Jahres einen Monitoring-Zwischenbericht veröffentlicht hat, blieben klare Handlungen und Erkenntnisse aus. Branchenneutrale Beobachter warnen darüber hinaus vor einer zu großen Nähe der Behörden zur Deutschen Telekom, die nach wie vor etwa 30 Prozent der Unternehmensanteile in staatlichem Besitz hält.