Gesundheit

Impfstoff als Gamechanger: Der Weg zur Ausrottung der Tollwut

2025-04-02

Autor: Alina

Ein einzigartiger Trick hat Soa Fy Andriamandimby und ihrem Team im madagassischen Küstenort geholfen, den Zustand der Hunde dort zu ermitteln. Zunächst wurden nur Proben von Nutztieren entnommen, bevor beim zweiten Termin die Hunde berücksichtigt wurden. Andernfalls wären keine Daten über Rinder, Schweine oder Schafe zustande gekommen. In dieser Region herrscht ein kulturelles Tabu: Wer einen Hund berührt, wird in Zukunft am Dorfrand abgewiesen.

Dieses Tabu macht deutlich, dass es ohne die Unterstützung der Bevölkerung vor Ort äußerst schwierig ist, Zoonosen wie Tollwut zu bekämpfen. Global wird deshalb der One-Health-Ansatz verfolgt, der die Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt als eine Einheit betrachtet. Bis 2030 haben die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und andere Partner das Ziel gesetzt, dass kein Mensch mehr an hundevermittelter Tollwut sterben soll. Derzeit liegt die Zahl der jährlichen Todesfälle in Endemiegebieten in Asien und Afrika bei über 60.000, überwiegend Kinder, die sich fast ausschließlich über infizierte Hunde anstecken.

Tollwut wäre eine verhältnismäßig einfach zu vermeidende zoonotische Krankheit, vor allem dank einer 140-jährigen Erfahrung mit Impfstoffen gegen Lyssaviren. Wenn es gelingt, 70 Prozent der Hunde über mindestens fünf Jahre hinweg zu immunisieren, bricht die Infektionskette zusammen. Der große Herausforderungen liegt darin, frei umherlaufende Hunde zu impfen – das Einfangen der oft scheuen Tiere und die Einzelimpfung sind enorm aufwendig.

Die Lösung könnte nun die Verwendung von Impfkörpern sein. Im Herbst 2024 erhielt der erste orale Impfstoff für Hunde die Zulassung von der Europäischen Arzneimittelagentur. Der Einsatz solcher Vakzine könnte insbesondere in stark betroffenen Ländern in Asien und Afrika Hoffnung geben und zeigen, dass Europa dem System vertraut.

Bereits seit den 1970er Jahren haben Impfköder bei mittelgroßen Fleischfressern wie Füchsen zur Eindämmung der terrestrischen Tollwut in Europa beigetragen, indem sie die unhaltbare Vergiftung von Füchsen vermieden haben. Nun gibt es diese Impfkörper auch für Hunde, die für die meisten Tollwutfälle bei Menschen verantwortliche sind. Die orale Immunisierung erfolgt durch Kauen, denn das Impfmittel wird durch das Aufbeißen des Köders aktiviert, was eine nachhaltige Immunantwort hervorruft. Experten sind sich einig, dass bereits eine Dosis einen lebenslangen Schutz bieten kann.

Erste Erfolge sind bereits evident: In Namibia haben Forscher des Friedrich-Loeffler-Instituts erfolgreich ein umfassendes Tilgungsprogramm implementiert, wobei in kurzer Zeit 88 Prozent der Hunde durch hochwertige Impfköder immunisiert wurden. Diese Methode könnte auch anderen afrikanischen und asiatischen Staaten als Vorbild dienen und bedeuten, dass Hunde effizienter und schneller gegen Tollwut geimpft werden können.

Trotz einer vielversprechenden Zukunft sind gegenwärtig nur eine Handvoll oraler Impfstoffe zugelassen, und deren Produktionskosten sowie die instabilen Transportbedingungen erschweren die breite Anwendung dieser Technologie. Einige Strategien zielen darauf ab, eine Toolbox zur Bewusstseinsbildung, den Einsatz von Impfstoffen und technische Unterstützung bereitzustellen. In Indien wird beispielsweise auch eine App verwendet, die die Immunisierung zahlreicher Streuner verwaltet.

Bis zur vollständigen Ausrottung ist jedoch Geduld erforderlich. Politische Entscheidungsträger müssen den Kampf gegen Zoonosen unterstützen, um anhaltenden Erfolg zu gewährleisten. Die Zusammenarbeit von Nachbarstaaten ist unumgänglich, um eine tollwutfreie Zone zu schaffen, die vor angrenzenden befallenen Regionen sicher ist.

Madagaskar hat zudem eine besondere Herausforderung: Offiziell werden nur etwa zehn Tollwutfälle pro Jahr gemeldet, sondern Schätzungen gehen von einer Inzidenz aus, die bis zu hundertmal höher ist. Bis 2023 setzte das Land vorwiegend auf Aufklärung und Postexpositionsprophylaxe, eine Notimpfung, die effektiv vor Tollwut schützt, jedoch nur unzureichend zugänglich ist. Um nachhaltigere Strategien zu entwickeln, benötigte Andriamandimby die verlässlichen Daten, die durch eine umfassende Umfrage ermittelt wurden.

Die Herausforderungen in Madagaskar sind groß: Mangels Infrastruktur und Ressourcen ist eine umfassende Diagnostik sowie Probenentnahme von kranken Menschen und Tieren nicht möglich. Die bisherigen Impfkampagnen haben nie die erforderliche Immunisierungsquote von 70 Prozent erreicht; es gab sogar einen gescheiterten Versuch mit Impfködern, die in Form von Wurst verteilt wurden, was angesichts einer schweren Hungersnot in der Region auf Ablehnung stieß. Dieser Kampf gegen Tollwut ist nicht nur medizinisch, sondern auch kulturell und sozial eine komplexe Angelegenheit, die noch viele Anstrengungen fordert.