
Kehrtwende beim Gewässerschutz: Die neue Pestizid-Lobby unter Druck
2025-03-24
Autor: Simon
In der Schweiz gibt es besorgniserregende Entwicklungen im Bereich des Gewässerschutzes. Eine neue Lobby, die die Interessen der Pestizidindustrie vertritt, strebt eine Lockerung der bestehenden Regelungen an. Insbesondere ein aktueller Vorstoss von Leo Müller (Mitte) stößt auf Unterstützung im Bundeshaus, darunter Bundesrat Albert Rösti (SVP). Müller fordert, dass die Zulassung eines Pestizids erst überprüft wird, wenn ein Giftstoff bei 20 Prozent der Gewässer über den Grenzwerten liegt – eine Verdopplung des aktuellen Schwellenwerts von zehn Prozent.
Zudem haben zwei Politikerinnen, Katja Riem (SVP) und Johanna Gapany (FDP), kürzlich eine Initiative eingereicht, um die Messmethoden für Pestizide in der Schweiz an die der Europäischen Union anzupassen. Dies könnte eine signifikante Abschwächung der momentan existierenden Richtlinien zur Folge haben. Riem, selbst Winzerin, betont, dass ihr Anliegen nicht den Gewässerschutz beeinträchtigen, sondern nur die Prüfmethoden erleichtern soll.
Die verzweifelte Lage der Gewässer
Die Belastung von Schweizer Gewässern mit Pestiziden ist alarmierend. Besonders im Mittelland, wo intensive Landwirtschaft betrieben wird, zeigen die Daten der eidgenössischen Wasserforschungsanstalt (Eawag) von 2024, dass in über der Hälfte der Messstellen die Grenzwerte überschritten werden. Eine solche Entwicklung könnte sowohl die Umwelt als auch die Trinkwasserversorgung gefährden.
Die Einführung lockerer Vorschriften, nur weil die Landwirtschaft unter Druck steht, könnte katastrophale Folgen haben. Bauern leiden bereits jetzt unter sinkenden Erträgen, und viele sind besorgt, dass noch strengere Beschränkungen notwendig sind, um eine nachhaltige und gesunde Lebensmittelproduktion aufrechtzuerhalten.
Ein Scheitern der Gewässerschutzmaßnahmen wäre fatal
Der Umweltminister Rösti steht in der Kritik, da er eine Kehrtwende in der bisherigen Politik gegenüber Pestiziden vornimmt. Experten, wie Georg Odermatt von der Interessengruppe 4Aqua, warnen ausdrücklich davor, die Grenzwerte zu erhöhen, und fordern stattdessen eine Senkung der Einträge von schädlichen Substanzen. Sie heben hervor, dass viele Pestizidrückstände über Jahre in der Umwelt verbleiben und langfristige Auswirkungen auf Mensch und Tier haben können.
Der Widerstand wächst
Die Kritik an der neuen Lobby und ihren Vorstößen ist unüberhörbar. Kathrin Bertschy, eine grünliberale Nationalrätin, beschreibt das Vorgehen als unerhört. Ebenso heftig äußert sich SP-Nationalrat Hasan Candan und spricht von einem „krassen Wortbruch“. Er betont, dass die Interessen der Landwirtschaft nicht über das Gesamtwohl, insbesondere sauberes Trinkwasser, gestellt werden dürfen.
Die anhaltenden Debatten zeigen, dass die Thematik rund um den Gewässerschutz und den Einsatz von Pestiziden mehr denn je im Zentrum der politischen Auseinandersetzungen steht. Es bleibt abzuwarten, ob die Bevölkerung und die Umweltschützer die politische Wende in der Pestizidgesetzgebung erfolgreich stoppen können.