Welt

Parlament: Eskalation und scharfe Kritik an Ungarns Politik

2024-10-09

Autor: Mia

Im Europäischen Parlament in Straßburg kam es am Mittwochmorgen zu einer unerwarteten und emotionalen Wendung. Eine Gruppe von linken Abgeordneten erhebt sich und stimmt die italienische Partisanenhymne «Bella ciao» an, um ihrem Unmut über die ungarische Politik Ausdruck zu verleihen. Ihre Darbietung wurde erst durch die Intervention der Ratspräsidentin Roberta Metsola unterbrochen, die darauf hinwies, dass es sich hier nicht um einen Eurovision Song Contest handele. Der Saal erlebte heftige Reaktionen, sowohl des Protestes als auch des Applauses.

Der Anlass für diese musikalische Protestaktion war die Rede von Viktor Orbán, Ungarns Premierminister, der die EU-Ratspräsidentschaft innehat. Trotz der Tatsache, dass Orbán als einer der umstrittensten Politiker Europas gilt, enthielt seine Ansprache wenig Provokation. Stattdessen konzentrierte er sich auf programmatische Schwerpunkte und betonte die Notwendigkeit, die Wettbewerbsfähigkeit Europas im Angesicht hoher Energiepreise und von Herausforderungen in der Dekarbonisierung zu fördern.

Orbán forderte, dass die Bekämpfung von Migrantenströmen außerhalb Europas stattfinden solle, ein Ansatz, der nicht neu ist, aber dennoch auf kritische Reaktionen stieß. In diesem Zusammenhang sprach die Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen über die gefährliche Nähe Ungarns zu Russland – einem Land, das von der EU als systemischer Gegner angesehen wird. Ihr zynischer Kommentar über die ungarische Haltung zu diesem geopolitischen Konflikt kam deutlich an. Ungarn bezieht weiterhin Brennstoff aus Russland und ermöglicht die Einreise russischer Staatsbürger ohne Sicherheitsüberprüfung, was von vielen als Einfallstor für mögliche Spione angesehen wird.

Manfred Weber, Vorsitzender der EVP-Fraktion, äußerte ebenfalls scharfe Kritik. Er betonte, dass Orbán sich in seiner Isolation verrannt habe und dass die Ignoranz, die Ukraine in seiner Rede nicht zu erwähnen, unverständlich sei. Im Laufe der Debatte schlossen sich zahlreiche Sprecher der Kritik an und offenbarten die Spannungen zwischen Ungarn und anderen EU-Staaten.

Orbán reagierte auf die geballte Kritik mit der Aussage, dass er sich inmitten einer «Intifada» befände und wies die Vorwürfe entschieden zurück. In Ungarn selbst könnte er jedoch mit dieser Art der Fundamental-Kritik nicht umgehen, da unabhängige Medien kaum noch existieren und seine Partei das Parlament dominiert. Trotz einer Niederlage in den letzten Europawahlen, die in einem begrenzten Kontext stattfand, stehen die nächsten nationalen Wahlen erst 2026 an, sodass Orbán dennoch seinen Einfluss in Ungarn behaupten kann.

In der aktuellen politisch angespannten Situation stellt sich die Frage, ob die europäische Gemeinschaft bereit ist, die Herausforderungen eines Mitgliedsstaates wie Ungarn ernst zu nehmen, und ob Orbán weiterhin die Unterstützung seiner Wähler behalten kann, während er sich international isoliert.