Schlaf: Warum Frauen von Natur aus weniger Nachtruhe bekommen und was das für sie bedeutet
2024-11-22
Autor: Sofia
Frauen schlafen im Durchschnitt weniger als Männer, wachen öfter während der Nacht auf und haben zudem weniger Anteil am erholsamen Non-REM-Schlaf. Eine aktuelle Studie von Forschenden der University of Colorado at Boulder, veröffentlicht in der Zeitschrift »Scientific Reports«, zeigt, dass die Ursachen für diesen Geschlechterunterschied vielfältiger sind, als bisher angenommen.
Die biomedizinische Schlafforschung hat sich in den letzten Jahrzehnten stark auf Männer konzentriert und dabei wichtige gesundheitliche Aspekte für Frauen aus den Augen verloren, wie die Forscherin Rachel Rowe vom Institut für integrative Physiologie erklärt. Sie betont: „Unsere Ergebnisse legen nahe, dass biologische Faktoren eine erheblich größere Rolle in diesen Schlafunterschieden spielen als bislang erkannt.“
Die Untersuchung wurde im Labor durchgeführt und umfasste 267 Mäuse, wobei ultrasensitive Bewegungssensoren zum Einsatz kamen. Die Ergebisse zeigen, dass männliche Mäuse durchschnittlich 11 Stunden und 10 Minuten in einem 24-Stunden-Zeitraum schlafen, was etwa einer Stunde mehr ist als bei den Weibchen. Besonders interessant: Männchen verbrachten dabei fast die gesamte Zeit im Non-REM-Schlaf. Damit wurde der Geschlechterunterschied im Schlafverhalten bei Mäusen wissenschaftlich belegt.
Diese Unterschiede sind evolutionär begründet. In vergangenen Studien, die ebenfalls Mäuse, Fruchtfliegen, Ratten und andere Tiere untersuchten, stellte man fest, dass Männchen in der Regel länger schlafen. Rowe führt diesen Trend darauf zurück, dass Weibchen evolutionär darauf programmiert sind, ihre Umgebung wachsam zu beobachten und bei Gefahr sofort reagieren zu können, oft um für ihre Nachkommen zu sorgen.
Zusätzlich könnte das Schlafverhalten auch von Stresshormonen wie Cortisol und Sexualhormonen beeinflusst werden. Viele Frauen berichten von Schlafproblemen, besonders während bestimmter Phasen ihres Menstruationszyklus, wenn die Hormone Östrogen und Progesteron am niedrigsten sind.
Medizinisch betrachtet wird Schlafmangel als Risikofaktor für diverse Krankheiten wie Diabetes, Fettleibigkeit, Alzheimer und Immunschwächen angesehen. Sollte sich die Hypothese zum biologisch bedingten kürzeren Schlaf bewahrheiten, könnte dies zu Missverständnissen führen: Frauen könnten glauben, dass ihr Schlaf schlechter ist, während er lediglich ihrem natürlichen Schlafprofil entspricht, heißt es in der Studie. Rachel Rowe fragt sich, ob wir uns unnötig stressempfindlich machen, weil wir weniger schlafen als unsere Partner. Eine auf den "gesunden Schlaf" von Männern ausgerichtete medizinische Behandlung könnte bei Frauen also weniger wirksam oder sogar nachteilig sein.
Was bedeutet das für die Gesellschaft? Es ist an der Zeit, das Bewusstsein für die unterschiedlichen Schlafbedürfnisse zu schärfen und darauf zu achten, dass sowohl Männer als auch Frauen ein gesundes Schlafverhalten entwickeln können, das ihren individuellen Bedürfnissen Rechnung trägt. Diese Erkenntnisse könnten nicht nur dazu beitragen, die Lebensqualität der Frauen zu verbessern, sondern auch das Verständnis für geschlechtsspezifische Gesundheitsfragen erweitern.