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Sex in Russland: Kriege, Tabus und Geheimnisse der Lust

2024-10-06

In Russland wird das Thema Sex in Kriegszeiten erneut unterdrückt. Wie zu Stalins Zeiten steht Sexualität an einem Pranger, während das Bildungssystem sich auf traditionelle Werte konzentriert. Ab dem neuen Schuljahr werden Schulen die Themen Familienbildung und Kinderreichtum als Hauptinhalt propagieren und dabei das Wesentliche – den Sex – ganz ausklammern. Ab 2024 wird 'Familienkunde' als neues Schulfach eingeführt, das sich jedoch nicht mit Themen wie Empfängnisverhütung oder sexuell übertragbaren Krankheiten befasst.

Die Tabuisierung von Sexualität gewinnt an Fahrt und viele Kinder lernen zwar auf eigene Faust den Umgang mit dem Thema, dennoch bleibt ein großes Informationsdefizit bestehen. Diese Strategie zielt darauf ab, zukünftige Patrioten und Soldaten zu formen, während Sexualität als etwas Verbotenes gilt, das ins Verborgene gedrängt wird.

Die militärischen Vergewaltigungen und sexuellen Übergriffe in Kriegszeiten, die oft blutig enden, werden zwar in der Gesellschaft diskutiert, jedoch vehement von der russischen Militärführung bestritten. Der gleiche Druck, der einst auf die LGBTQ-Gemeinschaft ausgeübt wurde, um sie im Rahmen eines ideologischen Kriegs gegen den Westen zu diskreditieren, setzt sich fort. Der Oberste Gerichtshof betrachtet die LGBTQ-Bewegung als extremistisch und verbietet die internationale LGBTQ-Bewegung, die nicht einmal existiert.

Unter dieser repressiven Atmosphäre sprießen die verbotenen Früchte der Sexualität still und heimlich. Der sogenannte 'Mat', ein umfangreicher obszöner Wortschatz, floriert in den russischen Unterhaltungen und zielt darauf ab, den Zugang zu einer tiefen kulturellen Ausdrucksform zu bewahren. Diese sprachlichen Herausforderungen zur Sexualität belegen die Komplexität des russischen Lebensgefühls.

Historisch ist der russische Sex ein Produkt der Vereinigung von heidnischer Freiheit und orthodoxen Dogmen. Die Widersprüche und Spannungen zwischen diesen Einflüssen schaffen eine eigene Dynamik, wobei die Freizügigkeit im privaten Bereich blühte, während der öffentliche Raum von strengen Normen geprägt war. Diese Dualität hat einen inoffiziellen Spielraum für sexuelle Aktivitäten im Geheimen geschaffen, während gleichzeitig die gesellschaftlichen Normen rigoros durchgesetzt werden.

Rasputins skandalöse Exzesse sind ein Beispiel für das Verbotssystem, das in Russland existierte. Er nutzte seine Macht und seinen Einfluss bei dem Zaren, um von der Unmoral der Elite unbehelligt zu bleiben. Dies hinterließ Spuren, die bis in die bolschewistische Revolution reichten, als sexuelle Freizügigkeit anfangs blühte, bevor sie wieder unterdrückt wurde.

Nach dem Tod von Lenin begann sich die sexuelle Freiheit wieder zu lockern, wurde aber von Stalin brutal zurückgedrängt. Sexualität wurde kriminialisiert, und Abtreibungen waren verboten. Gleichzeitig ging das sexuelle Leben in geheimen Zirkeln weiter, während Skandale und Machtmissbrauch in der politischen Elite alltäglich blieben.

Die Zeit unter Gorbatschow sah eine Renaissance sexueller Themen, während die nachfolgenden Jahre weiterhin von repression gezeichnet waren. Die neuesten Entwicklungen unter Putin zeigen jedoch eine Rückkehr zur traditionellen Enthaltsamkeit, wo die Meinungsfreiheit eingeschränkt und die sexuelle Selbstbestimmung unterdrückt wird.

Dieser Zustand der inneren Zerrissenheit führt dazu, dass russischer Sex ein geheimes, subversives Leben führt, welches trotz der Unterdrückung eine eigene Dynamik entfaltet. Hinter all den Verboten und der vorherrschenden Moralität bleibt der russische Sex ein wilder, lebendiger Ausdruck der menschlichen Erfahrung, der in der Erzählung der russischen Kultur verwoben bleibt. Die Aufrechterhaltung dieser Aspekte wird zu einem entscheidenden kulturellen Widerstand, während das Land mit dem Druck einer autoritären Ordnung konfrontiert wird. Der russische Sex und seine versteckten Freuden sind Zeichen des Überlebens und des ungebrochenen menschlichen Verlangens nach Freiheit.