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Türkei: Erdogan strebt möglicherweise eine dritte Amtszeit an

2025-03-29

Autor: Gabriel

Darum geht's

In der Türkei haben Bürger für die Freilassung des populären Oppositionspolitikers Ekrem Imamoglu protestiert und ihre Unzufriedenheit mit der Regierung Erdogan zum Ausdruck gebracht. Die Verhaftung Imamoglus wird weithin als politischer Schachzug angesehen, um Erdogans Macht zu sichern und seine Opposition zu schwächen.

Erdogan, der seit 2014 President ist und 2023 seine zweite Amtszeit antrat, könnte theoretisch bei Neuwahlen oder durch eine Verfassungsänderung eine dritte Amtszeit anstreben. Während die türkische Verfassung zwei Amtszeiten vorschreibt, führte Erdogan vor Beginn seiner zweiten Amtszeit eine Verfassungsänderung ein, um die Macht des Präsidenten zu stärken und argumentierte, dass dadurch eine neue Ära eingeläutet wurde.

Ein weiterer Schlag gegen seine Opposition: Die Inhaftierung von Ekrem Imamoglu

Die Inhaftierung Imamoglus könnte als weiterer Beweis gedeutet werden, dass Erdogan sich auf eine erneute Kandidatur im Jahr 2028 vorbereitet. Zwei Möglichkeiten stehen ihm offen, um legitim eine dritte Amtszeit zu erlangen: Vorzeitige Neuwahlen oder eine Verfassungsänderung. Laut Artikel 116 der türkischen Verfassung ist es einem Präsidenten erlaubt, nach seiner zweiten Amtszeit ein drittes Mal zu kandidieren, sofern das Parlament vorzeitig Neuwahlen ausruft und dies mit einer Dreifünftelmehrheit beschließt. Diese Mehrheit würde 360 von 600 Stimmen erfordern.

Aktuell hat Erdogans Regierungsbündnis jedoch nicht genügend Sitze im Parlament. Die nationalkonservative AKP hat 272 Sitze, während die rechtsnationalistische MHP 47 Sitze besetzt. Zusammen verfügen sie über 319 Stimmen – Erdogan benötigt also zusätzliche Verbündete, um seine Pläne zu verwirklichen.

Könnte es geheime Verhandlungen mit den Kurden geben?

Es gibt Gerüchte, dass im Hintergrund Verhandlungen mit kurdischen Vertretern laufen könnten, um ein politisches Bündnis zu schmieden. Im Herbst 2023 initiierten Erdogans Regierung und die pro-kurdische DEM Partei einen Friedensprozess mit der PKK, die von vielen Ländern als Terrororganisation eingestuft wird. Sollte die DEM jedoch einer vorzeitigen Wahl zustimmen, ist ein Wahlsieg für Erdogan keineswegs garantiert – die CHP könnte einen starken Herausforderer, wie den beliebten Bürgermeister von Ankara, Mansur Yavaş, ins Rennen schicken.

Wie steht die Bevölkerung zu Erdogans Ambitionen?

Die Meinungen in der Bevölkerung sind gespalten: Während einige Erdogan für seine Stabilität und politischen Entscheidungen loben, fordern andere, dass er sich an die Verfassung hält. Ein generelles Misstrauen gegenüber Veränderungen, die nicht demokratisch legitimiert sind, ist bemerkbar.

Eine hypothetische Lebenszeitpräsidentschaft

Bei einer Verfassungsänderung könnte Erdogan theoretisch länger als die aktuelle Amtszeit oder sogar lebenslang im Amt bleiben, doch die erforderliche Zweidrittelmehrheit scheint unrealistisch. Politische Analytiker warnen sogar, dass selbst wenn Oppositionsparteien und kleinere Splitterparteien seine Koalition unterstützen würden, die 400 Stimmen nicht erreichbar sind. Eine Dreifünftelmehrheit wäre die einzige Möglichkeit, um ein Referendum über die Verfassungsänderung einzuleiten, jedoch könnte dies für Erdogans Popularität zu einem ernsthaften Problem werden, da die öffentliche Meinung gegen eine solche Änderung gerichtet sein könnte.