Welt

Ukrainische Kriegsgefangene berichtet von grausamer Folter und missbräuchlicher Behandlung

2024-11-22

Autor: Luca

Mariana Mamonowa, 32 Jahre alt, hat als Sanitätssoldatin im kriegsgebeutelten Mariupol gedient. Sie erzählt von einem schrecklichen Erlebnis, das niemand für möglich halten würde. Am 6. April 2022 wurde sie von tschetschenischen Kämpfern gefangen genommen, als sie Verwundete evakuierte und versorgte.

„Es war der schlimmste Moment meines Lebens“, sagt sie und beschreibt die schrecklichen Bedingungen in dem Lager, in dem sie festgehalten wurde. Dort lebte sie in einer kleinen Zelle mit anderen Frauen. Die Schlafbedingungen waren katastrophal; sie mussten auf dem kalten Betonboden liegen und erhielten täglich nur eine minimalistische Verpflegung – eine blasse Suppe und ein ungenießbarer Getreidebrei. Der Gestank der verstopften Kanalisation war unerträglich, und die hygienischen Verhältnisse waren fatal.

„Die Misshandlungen wurden vor unseren Augen durchgeführt. Männer wurden regelmäßig verhört und gefoltert; wir hörten ihre Schreie. Das war bewusst so, damit wir wussten, dass wir die Nächsten sein könnten“, berichtet Mamonowa. Laut UN-Berichten sind etwa 95 Prozent der ukrainischen Kriegsgefangenen Folter ausgesetzt, ein klarer Verstoß gegen internationales humanitäres Recht, das besagt, dass Kriegsgefangene mit Menschlichkeit behandelt werden müssen.

Leider wurden viele ihrer Hoffnungen auf ein faires Verfahren und Unterstützung durch humanitäre Organisationen schnell zunichte gemacht. Die Lagerleitung ignorierte jegliches Völkerrecht und ließ Vertreter des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz nicht zu den Gefangenen. Mamonowa erzählt, dass man ihnen nur Shampoo und Toilettenpapier überlassen durfte – nur das Nötigste.

Die psychologischen Angriffe waren ebenso groß, denn sie wurden beschuldigt, an einer Biowaffenentwicklung in Mariupol beteiligt zu sein und für den Krieg verantwortlich zu sein. Besonders schmerzhaft war die Androhung, ihr ungeborenes Kind wegzunehmen, da sie schwanger war, als sie gefangen genommen wurde. „Der Gedanke, mein Kind zu verlieren, brachte mich an meine Grenzen. Doch die Vorstellung, es bald in den Armen zu halten, gab mir Kraft“, erinnert sich Mamonowa.

Die Zeit der Gefangenschaft brachte sie an den Rand des Menschlichen. Sie und ihre Mitgefangenen wurden nicht nur körperlich gequält, sondern auch psychisch stark belastet. „Wir waren an die Hände gefesselt. Oft durften wir nicht auf die Toilette, und wenn doch, wurde es als Vergehen bestraft“, erklärt sie.

Nach fünfeinhalb Monaten der Qual kam der Tag, der ihre Freiheit bringen sollte. In einem Flugzeug wurde sie mit über 200 anderen Gefangenen abtransportiert. Während dieser Reise wurden sie erneut misshandelt: „Wir durften 20 Stunden lang nicht auf die Toilette, und wir erhielten nichts zu essen oder zu trinken. Es hieß einfach: ‚Das ist nicht vorgesehen.‘ Diese Worte sind seitdem unvergesslich“, sagt sie mit zitternder Stimme.

Schließlich, am 21. September 2022, betrat sie wieder ukrainischen Boden. Ihr Ehemann wartete auf sie, und nur vier Tage später brachte sie ihre Tochter zur Welt. Doch die schrecklichen Erlebnisse aus dem Lager lassen sie nicht los. „Die Gefängnismauern und Gitter sind immer noch in meinem Kopf, ich kann nicht einfach darüber hinwegsehen“, fügt sie erschöpft hinzu.

Nach ihrer Rückkehr in die Freiheit litt sie unter schwerer Depression und Erschöpfung. „Die Inhaftierung hat mich verändert. Es war ein ständiger Kampf, um den Verstand zu bewahren. Ich mache jetzt eine Therapie, um meine Erlebnisse zu verarbeiten“, erzählt sie.

Doch sie weiß, dass die Wunden vielleicht nie ganz heilen werden. „Das, was dir passiert ist, wirst du nie vergessen. Niemals“, schließt Mamonowa und denkt an all die anderen, die noch leiden müssen.