
Uniklinik Mannheim: So läuft eine Transplantation von Stammzellen ab
2025-04-08
Autor: Simon
Mannheim. „Nein, ich musste nicht groß überlegen“, sagt Ingrid Heinzmann-Groth und fügt hinzu: „Ich bin gern auf der Welt und möchte meine beiden Enkelkinder so lange es geht erleben.“ Diese bemerkenswerte 67-Jährige hat nun die tausendste Stammzelltransplantation im Universitätsklinikum Mannheim erhalten und ist somit Teil einer erstaunlichen medizinischen Erfolgsgeschichte.
Vor mehr als dreißig Jahren wurde die erste Übertragung von Stammzellen in Mannheim durchgeführt, damals noch mit Eigenzellen des Patienten. Die erste allogene Transplantation, also mit gespendeten Zellen, fand erst im Jahr 2010 statt und öffnete somit die Türen zu neuen Behandlungsmöglichkeiten für Patienten mit schweren Erkrankungen. Aktuell werden jährlich zwischen 60 und 70 solcher Transplantationen am Klinikum durchgeführt, und die Nachfrage wächst stetig.
Im Gespräch mit einer Journalistin erzählt Heinzmann-Groth über ihre leidvolle Reise: Jahre lang fühlte sie sich unwohl, bis sie 2013 beim Schwimmen in einem See plötzlich Atemnot hatte. Die Diagnose war erschütternd: eine Kombination aus Mastozytose und Myelofibrose, zwei seltenen Erkrankungen, die das Überleben erheblich beeinträchtigen können. „Das war für mich ganz schlimm und so gar nicht greifbar“, erinnert sie sich.
Dr. Stefan Klein, Oberarzt im Bereich Transplantation von Knochenmark und Stammzellen, erklärt den komplexen medizinischen Hintergrund: „Diese Erkrankungen führen zu einer Verfaserung des Knochenmarks und beeinträchtigen die Blutbildung, was im schlimmsten Fall zu akuter Leukämie führen kann.“ Zunächst erhielt Heinzmann-Groth medikamentöse Behandlungen, bis ihr Zustand sich verschlechterte. Glücklicherweise wurde innerhalb von sechs Wochen eine passende junge Spenderin gefunden – ein echter Lichtblick in ihrer schweren Zeit.
Die intensive Vorbereitung auf die Transplantation beinhaltete umfassende Untersuchungen, um mögliche Infektionsherde auszuschließen. Dr. Klein betont, wie wichtig es ist, darüber zu reden und den emotionalen Zustand der Patienten zu unterstützen. Die Chemotherapie und Bestrahlung werden dabei individuell angepasst, um die bösartigen Blutzellen abzutöten und Abstoßungsreaktionen der gespendeten Stammzellen zu verhindern.
Die eigentliche Transplantation selbst ähnelt einer Bluttransfusion. Doch die kritische Phase, in der das Immunsystem geschwächt ist, birgt Risiken: Bakterien, Viren und Pilze können sich schnell ausbreiten. Das Universitätsklinikum Mannheim hat daher mit Station „9-3“ ein einzigartiges Sicherheitskonzept geschaffen, das hohen Schutz vor Infektionen bietet. Bei einem Neubau 2017 wurde besonderes Augenmerk auf Luft- und Wasserfiltration gelegt.
Um den körperlichen Abbau zu minimieren, sind die Patientenzimmer mit Fahrradergometern und Therabändern ausgestattet, was den Patienten ein individuelles Training ermöglicht. Erfreulicherweise sind bei Heinzmann-Groth in der kritischen Phase der Infektion keinerlei Komplikationen aufgetreten, und die Stammzellen haben sich im Knochenmark erfolgreich etabliert. Dies ermöglicht ihr, rechtzeitig zu ihrem Geburtstag nach Hause zu kehren – natürlich mit strenger Nachsorge.
Dennoch besteht das Risiko eines Rückfalls, da einige bösartige Blutzellen möglicherweise die Überwachung des neuen Immunsystems umgehen können – ein Phänomen, das Dr. Klein als „Oberflächen-Tarnkappe“ beschreibt. Studien zeigen, dass das Risiko für ein Rezidiv bei etwa 20 Prozent liegt.
Die Transplantationen stehen auch im Fokus internationaler Fachkonferenzen, wie zuletzt in Florenz diskutiert wurde. Auslöser sind die sogenannten „Spender gegen Empfänger“-Reaktionen, bei denen Immunzellen des Spenders das Gewebe des Empfängers als fremd erkennen. Die Forschung intensiviert sich, um solche Reaktionen zu bekämpfen; Mannheim nutzt innovative Methoden wie Blutwäsche mit ultraviolettem Licht zur Unterstützung der Patienten. Dr. Klein zeigt sich optimistisch über die zukünftigen Entwicklungen in der medizinischen Behandlung von Stammzelltransplantationen.