
Chip, der verlorene Sprache zurückbringt
2025-04-08
Autor: Noah
Vor zwei Jahren erlebte das damals 26-jährige Top-Modell Hailey Bieber einen schockierenden Moment, der ihr Leben für immer verändern sollte. Während sie mit ihrem Mann Justin beim Frühstück saß, verspürte sie plötzlich ein "merkwürdiges Gefühl", welches von ihrer Schulter bis zu ihren Fingerspitzen wanderte. Unfähig, ein Wort hervorzubringen, berichtete sie, dass alles chaotisch in ihrem Kopf war, aber keine Worte mehr herauskamen. Kurze Zeit später begann ihre rechte Gesichtshälfte zu hängen. Hailey hatte einen Schlaganfall erlitten, verursacht durch eine Nicht-Einhaltung ärztlicher Ratschläge beim Umstieg auf eine neue Antibabypille. Glücklicherweise war sie nach ein paar Stunden wieder symptomfrei, doch die Möglichkeit, nicht mehr sprechen zu können, ist eine der häufigsten Langzeitfolgen nach einem Schlaganfall.
Neueste Entwicklungen in der Neuromedizin könnten allerdings Hoffnung bringen. Forscher an der University of California in San Francisco haben in der Fachzeitschrift „Nature Neuroscience“ Ergebnisse ihrer aktuellen klinischen Studien zu einem innovativen Gehirn-Implantat veröffentlicht. In derzeitigen Tests haben sie bereits eine Teilnehmerin, die durch einen Schlaganfall ihre Sprache verloren hat, mit einer Gehirn-Computer-Schnittstelle (GCS) ausgestattet. Dieses Implantat kann die elektrische Aktivität ihres Gehirns erfassen und diese in Worte umwandeln.
In Deutschland erleiden jährlich etwa 270.000 Menschen einen Schlaganfall, und jeder siebte davon ist unter 55 Jahren alt. Dabei liegt das Hauptproblem häufig im Verschluss einer Gehirnarterie, was zu einem Verlust von Nervenzellen und im schlimmsten Fall zum Tod führen kann - dies geschieht im schlimmsten Fall in einem erschreckenden Tempo von bis zu 1,9 Millionen Gehirnzellen pro Minute.
Typische Symptome sind plötzliche Taubheit auf einer Körperseite oder eine einseitige Lähmung, extreme Kopfschmerzen oder undeutliche Sprache.
Die Anwendungen für Gehirn-Implantate erstrecken sich jedoch über Schlaganfälle hinaus. Sie könnten auch bei neurodegenerativen Krankheiten wie Amyotropher Lateralsklerose, bei körperlichen Lähmungen, Epilepsie und sogar bei Depressionen eingesetzt werden. Interessanterweise können bereits vor einem epileptischen Anfall ungewöhnliche Gehirnaktivitäten auftreten, die von einem GCS erkannt werden können, um proaktive Maßnahmen zu ergreifen.
Obwohl das Konzept der GCS nicht neu ist, betont Professor Simon Jacob, dass die Ergebnisse der aktuellen Studien als „bedeutender Fortschritt“ gelten. Dank neuer Dekodierungsalgorithmen kann die Umwandlung elektrischer Signale in Text nun bis zu achtmal schneller erfolgen als bisher. Während frühere Versuche bis zu 23 Sekunden benötigten, um einen Satz auf dem Bildschirm darzustellen, geschieht dies nun in weniger als einer Sekunde – fast in Echtzeit.
Ein entscheidendes Merkmal des neuen Geräts besteht darin, dass es direkt auf das motorische Sprachzentrum im Gehirn der Patientin implantiert wurde. Mit 253 Elektrodenkanälen misst es die elektrische Aktivität und wandelt die Gedanken der Patientin, die Wörter aussprechen möchte, in gesprochene Sprache um. Der verwendete Synthesizer wurde sogar mit Aufnahmen von vor ihrem Schlaganfall trainiert, sodass die Patientin praktisch wieder „sprechen“ kann.
Jedoch warnt Simon Jacob, dass der Erfolg dieser Technologie nicht für alle Patienten mit Sprachstörungen relevant sein könnte. Es handelt sich um einen untypischen Fall, da die betroffene Patientin keine klassischen Sprachstörungen aufwies. Vielmehr könnte es für die Mehrheit der Schlaganfallpatienten, die mit Kommunikationsschwierigkeiten kämpfen, noch einen langen Weg bis zur Anwendung solcher Technologien geben.
Bezüglich des finanziellen Aspekts erwarten Experten eine enorme Marktentwicklung. Morgan Stanley schätzte den US-Markt für medizinische Gehirn-Chips auf 400 Milliarden US-Dollar in den kommenden Jahrzehnten. Damit könnte alleine der deutsche Markt auf etwa 90 Milliarden Euro wachsen.
Die internationalen Forschungsanstrengungen sind enorm, wobei US-Firmen wie „Synchron“ derzeit die Spitzenreiter sind. Besonders besorgniserregend ist jedoch, dass Deutschland, trotz seiner starken Forschungsinfrastruktur, in diesem Bereich hinterherhinkt. Forscher warnen, dass langwierige Genehmigungsverfahren und gesetzliche Vorschriften innovative Fortschritte ersticken könnten, was bedeutet, dass Deutschland möglicherweise einen Teil der revolutionären Entwicklungen in der Gehirn-Computer-Schnittstellentechnologie verpassen könnte.