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Ein Jahr Javier Milei in Argentinien: Die Wirtschaftsrevolution oder das Chaos?

2024-12-08

Autor: Lara

Analyse
Ein Jahr unter Javier Milei: Argentinien zwischen Fortschritt und Rückschritt

Javier Milei, der rechtspopulistische und libertäre Präsident Argentiniens, hat in seinem ersten Amtsjahr einige markante Veränderungen herbeigeführt, die das Land entweder auf eine neue wirtschaftliche Bahn bringen oder es tiefer in die Krise stürzen könnten. Wie sieht die Realität nach einem Jahr Milei aus? Ist Argentinien auf dem Weg der Besserung oder droht ein wirtschaftlicher Kollaps?

Mit seiner reformistischen „Kettensäge“-Politik kündigte Milei umfassende Einschnitte im Staatsapparat an. Ein Jahr nach seinem Amtsantritt zeigt sich, dass er trotz heftiger Kritik und massiver Proteste tatsächlich unsanfte Maßnahmen ergriffen hat. Mileis Irisiert eine radikale Deregulierung, die an die Schocktherapien der 90er Jahre in Osteuropa erinnert. Diese Reformen führten dort oft zu verheerenden sozialen Kosten.

Staatsausgaben und Arbeitsplätze

Um seinen Wahlversprechen nachzukommen, stellte Milei in seinem ersten Jahr mehr als die Hälfte der staatlichen Stellen (10 von 18 Ministerien) ein und sparte rund 30 Prozent der Staatsausgaben ein. Zehntausende verloren dadurch ihren Arbeitsplatz. Während den ersten Monaten verzeichnete der Staat einen Primärüberschuss – eine Seltenheit in der argentinischen Finanzgeschichte. Doch die Rentenpolitik bleibt fragwürdig: Eine Erhöhung wurde ignoriert. Gleichzeitig haben diese Einschnitte viele der sozial schwächeren Bevölkerungsgruppen weiter belastet.

Inflation und Währungsreform

Bei Mileis Amtsantritt kämpfte Argentinien mit einer Hyperinflation von über 200 Prozent. Seine Maßnahmen führten zu einem bemerkenswerten Rückgang der monatlichen Inflationsrate, die seit Dezember 2023 kontinuierlich fiel. Allerdings rankt Argentinien noch immer an der Spitze der weltweiten Inflationsstatistiken. Die Zentralbank senkte den Leitzins, um die Wirtschaft zu stabilisieren, was jedoch angesichts der historisch niedrigen Rate des argentinischen Pesos an Bedeutung verlor.

Die Ankündigung einer möglichen Dollarisierung bleibt hingegen umstritten. Während der Peso um 50 Prozent abgewertet wurde, scheint sich das Vertrauen in die argentinische Währung langsam wieder zu stabilisieren. Im Gegensatz dazu sind die Reserven der Zentralbank auf 30 Milliarden USD gestiegen.

Wirtschaftswachstum und Rezession

Das Bruttoinlandsprodukt Argentiniens befindet sich seit dem zweiten Quartal 2023 in einem Abwärtstrend und zeigt somit eine anhaltende Rezession. Für 2024 wird eine Gesamtveränderung von minus 3 Prozent prognostiziert, obwohl positive Anzeichen einer leichten wirtschaftlichen Erholung zu erkennen sind – ein Minus von lediglich 0,3 Prozent im dritten Quartal gibt Grund zur Hoffnung.

Korruption und politische Integrität

Der Kampf gegen die Korruption war ein zentrales Thema von Mileis Wahlkampf. Im Corruption Perceptions Index belegt Argentinien jedoch nur den 98. Rang. Der Präsident versprach, die Bürokratie und Korruption durch drastische Maßnahmen einzudämmen, doch die Ernennung von fragwürdigen Personen in hohe Ämter wirft Fragen auf.

Mangelnde Unterstützung für die Armen

Die durchwachsenen Nachrichten über wirtschaftliche Erfolge stehen im krassen Gegensatz zu der Realität vieler Menschen. Die Armut in Argentinien hat zugenommen – fast 53 Prozent der Bevölkerung leben unter der Armutsgrenze. Während die Reichen von den Reformen möglicherweise profitieren, leiden insbesondere Kinder und sozial Schwache unter Hunger und Unterernährung.

Mileis Beliebtheit und die Zukunft

Milei ist bei vielen der Argentinier umstritten, jedoch bleibt er nach einem Jahr im Amt beliebter als viele seiner Vorgänger. Trotz massiver Proteste gegen seine Kürzungsmaßnahmen wird seine Zustimmung bei 47 Prozent gemessen. Dieser Rückhalt könnte für seine weiteren Reformpläne entscheidend sein, da die Opposition fragmentiert ist.

Fazit: Ist die Kettensäge die Lösung?

Die Frage bleibt, ob die radikalen Einschnitte langfristig notwendig und sinnvoll sind. Zwar gibt es positive Anzeichen einer Stabilisierung, doch die sozialen Kosten sind hoch und viele Menschen spüren von den wirtschaftlichen Veränderungen wenig bis nichts. In einer Zeit voller Unsicherheiten ist die Nachhaltigkeit dieser Maßnahmen fraglich, und die Bevölkerung steht derzeit vor enormen Herausforderungen. Wie sich die Lage weiterentwickeln wird, bleibt abzuwarten – die Balance zwischen einem funktionierenden Markt und sozialer Gerechtigkeit könnte der Schlüssel zum langfristigen Erfolg oder Misserfolg von Mileis Präsidentschaft sein.