Wissenschaft

Fälschungsskandal an der Universität Zürich: Aguzzi offenbart ein tiefes Systemproblem

2024-10-02

Autor: Mia

Der Direktor des Instituts für Neuropathologie am Universitätsspital Zürich, Adriano Aguzzi, sieht sich schwerwiegenden Vorwürfen gegenüber, die im ‚Sonntags-Blick‘ veröffentlicht wurden. Ein Mitarbeiter wird verdächtigt, Forschungsresultate manipuliert zu haben, während Aguzzi in den letzten Monaten gezwungen war, mehrere wissenschaftliche Arbeiten zurückzuziehen oder zu korrigieren.

Aguzzi ist nicht der einzige hochrangige Wissenschaftler, der aufgrund ähnlicher Vorwürfe ins Visier gerät. Viele renommierte Forscher stehen im Verdacht, fehlerhafte oder gar gefälschte Ergebnisse publiziert zu haben. Das zugrunde liegende Problem liegt in einem wissenschaftlichen System, das Anreize zur Manipulation bietet und zugleich unzureichende Maßnahmen zur Überwachung von Fehlverhalten beinhaltet.

Das Fachjournal ‚Science‘ enthüllte erst kürzlich, dass der Alzheimerforscher Eliezer Masliah, der als führender Experte auf seinem Gebiet gilt, in über hundert Publikationen Abbildungen gefälscht haben soll. Der Skandal zieht sich über Jahrzehnte und könnte weitreichende Folgen für die Forschung haben.

Ein weiterer besorgniserregender Fall ist der der Stammzellforscherin Catherine Verfaillie. Ihre Arbeiten wurden mehrfach in Frage gestellt, und das renommierte Journal ‚Nature‘ zog im Juni eine Studie zurück, die zuvor Tausende Male zitiert worden war. Auch hier waren manipulierte Abbildungen der Auslöser. Diese Vorfälle werfen ein grelles Licht auf die Forschungsethik und -integrität in der Wissenschaft.

Beide Forscher haben beeindruckende Karriereverläufe hinter sich, und deren Erfolge führten oft zu finanziellen Zuwendungen und Auszeichnungen. Dies führt zu einer paradoxen Situation: Gemäß der Macht der Anreize steigen die Risiken einer Täuschung, da die Chance, für Manipulation zur Rechenschaft gezogen zu werden, gering erscheint, sobald man einen gewissen Status erreicht hat.

Die zentrale Frage bleibt, inwieweit solche Manipulationen absichtlich sind oder ob sie aus einer Nachlässigkeit heraus entstehen. Die Beiträge zu einem gesunden wissenschaftlichen Diskurs werden durch falsche Annahmen, die sich aus manipulierter Forschung ergeben, erheblich gefährdet. Falschinformationen können zu Fehlinvestitionen und sogar Risiken für Patienten in klinischen Studien führen, die von grundauf flawed sind.

Das Vertrauen in die Wissenschaft ist eine wertvolle Ressource, die undurchsichtige Praktiken und unentdeckte Fälschungen gefährden. Auch wenn sich die Forschung in vielen Fällen selbst korrigiert, geschieht dies oft erst, nachdem bereits erheblicher Schaden angerichtet wurde.

Um solchen Skandalen vorzubeugen, ist es unabdingbar, die Anreize für Wissenschaftler zu überdenken. Ein System, das Sorgfalt, Transparenz und Integrität belohnt, könnte dazu beitragen, Fälschungen unattraktiv zu machen.

Es gibt bereits Ansätze, um diesen Paradigmenwechsel herbeizuführen. Die Qualitätsbewertung von Forschern müsste mehr Gewicht auf die Qualität der veröffentlichten Arbeiten als auf deren Quantität legen. Zudem ist es entscheidend, mehr Mittel für die unabhängige Replikation von Studien bereitzustellen, insbesondere von solchen mit sensationellen Ergebnissen. Fachjournale und Wissenschaftsorganisationen sollten aktiv gegen Fälschungen vorgehen und regelmäßige Überprüfungen initiieren.

Die positive Nachricht ist, dass in der wissenschaftlichen Gemeinschaft bereits ein breiter Konsens über die Notwendigkeit solcher Reformen besteht. Viele Institute und Geldgeber haben angekündigt, tiefgreifende Veränderungen vorzunehmen. Angesichts der aktuellen Skandale, einschließlich des Falls von Aguzzi an der Universität Zürich, ist es offensichtlich: Es ist höchste Zeit, die Grundlagen unserer wissenschaftlichen Praxis zu überdenken.