
Minus 28 Millionen? Oder doppelt so viel? – Ein Blick hinter die Kulissen des Zürcher Gesundheitssystems
2025-03-29
Autor: Louis
Am Dienstag stellte der Finanzvorstand der Stadt Zürich im Verwaltungszentrum Werd die Rechnung für das Jahr 2024 vor: Ein Plus von stolzen 518 Millionen Franken.
Doch in dieser positiven Bilanz versteckt sich ein Minus von 56 Millionen Franken für das Stadtspital Zürich, das die Standorte Waid, Triemli, Andreas-Turm (in Oerlikon) sowie Europa-Allee betreibt.
Im Vorjahr betrug das Defizit sogar 79 Millionen Franken – ein ernstes Signal für die Gesundheitsversorgung in der Stadt.
Trotz der beeindruckenden Überschüsse wird die anhaltende finanzielle Misere des Spitalwesens schlichtweg ignoriert, während die Euphorie über die Überschüsse die öffentliche Aufmerksamkeit auf sich zieht. Zwei Tage später berichtete das Stadtspital in gewohnter optimistischer Art von einem „starken Wachstum bei Leistungen und Patient*innen im Jahr 2024“. Die Zahlen der Patient*innen und Geburten stimmen zwar mit den amtlichen Angaben überein, doch die finanziellen Verluste sind alarmierend unterschiedlich dargestellt.
Für 2024 wird nun nur ein Verlust von 28 Millionen ausgewiesen, für das Vorjahr „nur“ 39 Millionen. Das bedeutet: Die Verantwortlichen führen die Verlustzahlen im Einklang mit dem positiven Narrativ an – die tatsächlichen Verluste sind um das Doppelte höher als angegeben.
Wie kann das sein? Auf Nachfrage erklärte die Medienstelle des Stadtspitals, dass die Differenz in den Zahlen durch zwei unterschiedliche Rechnungsnormen bedingt sei. Das Stadtspital erstellt seine Abschlüsse nach dem Harmonisierten Rechnungsmodell 2 (HRM2), das für öffentlich-rechtliche Institutionen gilt, sowie nach Swiss GAAP FER, was für Spitäler üblich ist. Diese unterschiedlichen Rechnungslegungen führen zu variierenden Darstellungen und Begegnungen, und die EBITDA-Marge für 2024 beträgt lediglich 3,4%, nach 1,8% im Vorjahr.
Was bedeuten diese Zahlen für die Gesundheits- und Finanzpolitiker? Anscheinend alles nicht so schlimm. In der offiziellen Medienmitteilung des Stadtspitals wird festgehalten, dass die „finanzielle Lage weiterhin sehr anspruchsvoll bleibt“. Doch separate Bilanzen und Cashflow-Rechnungen sind nicht verfügbar. Der Eindruck entsteht, dass die Stadt als Trägerin der Spitäler dafür sorgt, dass die Finanzierung sichergestellt ist, wenn es darauf ankommt.
In der umfangreichen Bilanz von 18 Milliarden Franken sind die städtischen Spitäler bereits integriert, aber Fragen zur finanziellen Transparenz müssen auch von der kantonalen Gesundheitsdirektion aufgeworfen werden. Diese führt die Bewilligungsverfahren und genehmigt die Leistungsaufträge für die Spitalliste.
Die EBITDA-Margen der letzten beiden Jahre von 1,8% und 3,4% liegen jedoch weit unter der angestrebten Schwelle von 10%, die für eine nachhaltige Wirtschaftlichkeit nötig wäre – wir sprechen hier von enormen Werten, die im Keller liegen.
Dies ist nicht nur eine Problematik des Stadtspitals, sondern betrifft auch andere Gesundheitseinrichtungen in der Region, wie das Universitätsspital Zürich und das Kantonsspital Winterthur, die ebenfalls mit unglaublichen Defiziten kämpfen. Die Bürgerinnen und Bürger fragen sich, wie lange diese finanzielle Schieflage noch weitergehen kann und wie sie letztlich die Steuerzahler treffen wird.