Ständerat lehnt Einführung kantonaler Einheitskrankenkassen ab – Was bedeutet das für die Schweizer Gesundheitspolitik?
2024-12-10
Autor: Louis
In einer entscheidenden Abstimmung hat der Ständerat sich erneut gegen die Etablierung einer Rechtsgrundlage für kantonale, öffentliche Einheitskrankenkassen ausgesprochen. Diese Initiative wurde vom Kanton Genf in Form einer Standesinitiative ins Parlament eingebracht. Für eine Einheitskrankenkasse stimmte die Genfer Bevölkerung bereits 2014 in einer Volksabstimmung.
In den letzten dreißig Jahren hat das Schweizer Stimmvolk bereits viermal eine ähnliche Vorlage für eine staatliche Einheitskasse abgelehnt, zuletzt mit einem eindrücklichen Anteil von 61,5 Prozent Nein-Stimmen im Jahr 2014.
Unterstützung im Westen, Widerstand im Osten
Interessanterweise sprach sich überwiegend die deutschsprachige Schweiz gegen die Einheitskasse aus, während die Westschweiz, insbesondere die Kantone Genf, Neuenburg, Jura und Waadt, das Konzept befürwortete. Im März dieses Jahres lehnten die Ratsmitglieder eine ähnliche Standesinitiative aus dem Kanton Waadt ebenfalls ab.
Die Standesinitiative aus Genf forderte das Parlament auf, eine rechtliche Basis für kantonale Einheitskrankenkassen zu schaffen und neue Modelle zur Gesundheitspolitikserien zu erproben. Die Initiatoren argumentierten, dass das bestehende System mit zahlreichen privaten Krankenkassen viele Probleme verursache. Diese Unternehmen würden die Reserven der Versicherten imprudent investieren und zu viel Geld in Werbung statt in Prävention und Gesundheitsförderung stecken. In Genf wird 2024 mit einem Anstieg der Krankenkassenprämien um über 9 Prozent gerechnet.
Koordinationsprobleme und weitere Bedenken
Die Argumentation fand im Ständerat jedoch kein Gehör. Mit 26 zu 14 Stimmen folgte man dem Mehrheitsspruch der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit. Diese bezweifelt, dass die Einführung kantonaler Einheitskassen zu nennenswerten Einsparungen führen würde. Laut Peter Hegglin (Mitte/ZG) hätten Wettbewerb und Konkurrenz bereits zu niedrigeren Verwaltungskosten geführt. Zudem mache die Entstehung von Reibereien zwischen den Tarifpartnern kostensensible Lösungen wahrscheinlicher.
Ein Umstieg auf kantonale Einheitskassen könnte laut den Kommissionsexperten auch massive administrative Schwierigkeiten verursachen, insbesondere wenn Versicherte zwischen Kantonen umziehen. Ferner erinnerte die Kommission daran, dass die Bevölkerung und die Kantone bereits mehrfach gegen das Einheitskassenmodell entschieden hätten und dass es den Kantonen freistehe, eigene Krankenversicherungen zu gründen.
Diskussion um Kompromisslösungen
Eine rot-grüne Minderheit im Parlament schlug vor, die Genfer Standesinitiative als einen „guten Kompromiss“ zu akzeptieren. Mit einer nationalen Rechtsgrundlage könnten die Kantone, die eine Einheitskasse wünschen, diese ohne Verpflichtung aller anderen Kantone realisieren.
Diese Vorgehensweise würde auch ermöglichen, die Vorzüge von Wettbewerbssystemen mit denen von öffentlichen Monopolen zu vergleichen, insbesondere in Bezug auf Transparenz und Verwaltungskosten.
Eine spannende Debatte entfaltete sich, in der auch Bedenken hinsichtlich der Auswirkungen der Konkurrenz auf die Kosten und Prämienlast geäußert wurden. Kritiker wiesen darauf hin, dass die jährlichen Kassenwechsel erhebliches Geld kosten. Der Genfer Politiker Mauro Poggia (MCG) fragte, welchen realen Beitrag die Konkurrenz der Kassen zur Kostenreduzierung geleistet habe.
Als Nächstes steht die Entscheidung des Nationalrates über die Standesinitiative an, die das Schicksal weiterer Reformen im Gesundheitswesen bestimmen könnte. Es bleibt abzuwarten, wie sich diese Diskussion entwickeln wird und welche Konsequenzen sich daraus für die Schweizer Gesundheitsversorgung ergeben.